Wirtschaftspolitik, Migration und das Brexit-Referendum
Seite 4: Notwendige Reformen
Zunächst müssen Geld und insbesondere Kredit als Ware von Banken verstanden werden. Banken verkaufen Finanzprodukte und sind berechtigterweise keine Wohlfahrtseinrichtungen, die gerne Leuten oder Staaten bei Liquiditätsengpässen über die Runden helfen, sondern profitorientierte Profis. Dies sollte das moralische Element aus der Diskussion über Schulden nehmen.
Dann muss die Politik begreifen, wie groß der Einfluss von Wirtschaftspolitik auf Migration und Menschenrechte sein kann. Migration und Menschenrechtsverletzungen sind keine isolierten Vorkommnisse, sondern oft das Ergebnis europäischer Politik mit extraterritorialem Effekt.
Und letztendlich müssen die Bürger der EU diskutieren, wie die Institutionen, die ihr Leben bestimmen, kontrolliert werden sollen und wie man überhaupt die Kontrolle erlangen kann. Oberste Priorität haben die Rechtsstaatlichkeit, transparente Entscheidungen, Kontrolle von Einflussnahme durch Lobbies, Steuergleichheit und eine weitere Demokratisierung der EU.
Frisches Denken wäre ebenso hilfreich, was sich aber durch das wiederholte Anstellen von Top-Personal aus demselben mentalen Genpool garantiert nicht erreichen lässt. Und die EU-Institutionen sind verpflichtet, diese Reform zu unterstützen, wenn sie nicht selbst zunehmend unvereinbar mit dem Vertrag von Lissabon werden wollen.
Die Bürger der Mitgliedstaaten haben sich dazu bereit erklärt, einige ihrer Souveränitätsrechte an die EU zu übertragen, in der Annahme, dass ihre Interessen durch die EU mindestens genauso gut gewahrt werden würden wie durch eine nationale Regierung. Um einen Zerfall der EU zu verhindern, ist es ungenügend, wenn das Angebot der EU lediglich genauso gut ist. Es muss besser sein als das, was ein Nationalstaat bieten kann.
Solche Probleme können besser gemeinsam gelöst werden. Mit einem Referendum allein am 23. Juni ist die Arbeit nicht getan.