Wo ist die Ratte im niedersächsischen Landtag?
CD-ROM Abenteuer-Landtag II
Bei den aktuellen Quizsendungen im Fernsehen stöhnt jeder zweite Kandidat bei Sport- oder Politikfragen laut vernehmbar auf. Politik wird als langweiliger und trockener Stoff angesehen. Doch das soll nach dem Willen des Präsidenten des niedersächsischen Landtages mit der CD-ROM "abenteuer landtag II" anders werden. Man möchte "gerade jungen Menschen das demokratische Miteinander in einer altersgemäßen und ihren Bedürfnissen entsprechenden Weise [...] vermitteln." Hauptspielfigur sind daher ein Schüler und eine Ratte namens "Tuffi".
Die Ratte Tuffi ist mit ihrem Freund zu Besuch im niedersächsischen Landtag, bis es ihr während des Schülerausfluges irgendwann zu langweilig wird und sie selbstständig auf Entdeckungstour geht. So beginnt das Computerspiel "abenteuer landtag II", das sich an die Altersgruppe von 12 bis 18 Jahren richtet. Das Spiel kann kostenlos beim Pförtner im hannoverschen Landtagsgebäude abgeholt werden, und Lehrer erhalten bei einer schriftlichen Bestellung auch noch ein umfangreiches Handbuch.
Damit legen die Verantwortlichen ein medienpädagogisches Lernkonzept für die politische Bildung vor, denn die Schüler sollen sich mittels der Spiel-CD komplexe Grundlagentexte erschließen, "ohne auf ein multimediales Vergnügen verzichten zu müssen." Zusätzlich können sich die Lehrer sowie die Schüler alle 14 Themenschwerpunkte in geordneter Form als PDF-Dateien am Computer aufrufen. Dem Lehrer steht zusätzlich das Handbuch zu Verfügung, um Folienvorlagen gezielt im Unterricht einsetzen zu können. Zu den Hauptgliederungspunkten gehören u. a. "Die Geschichte des Parlamentsgebäudes", "Niedersachsen - ein deutsches Bundesland", "Die Niedersächsische Verfassung", "Die Wahlen zum Niedersächsischen Landtag" oder "Was bedeutet Demokratie". Um sich mit diesen Themen auseinander zu setzen, benötigt man allerdings schon einen Pentium II mit mindestens 350 MHz und 64 MByte RAM. Da vieles direkt von der CD-ROM abgespielt wird, empfiehlt sich ein schnelles Laufwerk. Aber auch auf einem Power-Mac (ab System 8.5) ist die CD-ROM lauffähig.
Dem Spiel merkt man schnell an, dass hier Pädagogen am Werke waren, denn spätestens nach zwei Mausklicken ist man bei einer umfassenden Textinformation gelandet. Nun heißt es aufmerksam zuhören und mitlesen, denn nach jeweils drei Informationen kommt der unweigerliche Test. Drei Fragen und wehe, eine Antwort ist falsch, dann darf man die Textinformationen gleich noch einmal lesen und sich abermals an den Test machen. Erst dann geht es in dem linear aufgebauten Adventure weiter.
Ab und zu müssen ein paar Gegenstände mitgenommen werden und zum Beispiel mittels Rohrpost eine Batterie verschickt werden, um sie letztlich in einem Radio einzubauen. Statt einer Belohnung gibt es gleich wieder Infostoff mit abschließendem Multiple Choice-Test. Methodisch ist gegen das Spiel eigentlich nichts einzuwenden, denn selbst an leichtere Fragen für die jüngeren Schüler hat man bei der Entwicklung gedacht. Auch hat man viele abwechslungsreiche Rätsel und diverse Multimediaeffekte eingebaut. So kann man zum Beispiel mittels kleinerer Videosequenzen einen Werbesport über die Umwelt zusammensetzen.
Doch darf man der Kreativität keinen freien Raum lassen: Es gibt nur den einen "richtigen Film". Auf unkonventionelle Weise will man mit dieser Spiel-CD-ROM die parlamentarische Arbeit des niedersächsischen Landtages näher bringen, doch mit der verschulten Form schreckt man die Schüler eher ab. Das Spiel ist nur bedingt ein Spiel, eher schon eine Mogelpackung zum Pauken von umfassenden Texten. Die CD-ROM selbst ist allerdings aufwändig produziert worden, so finden sich liebevoll gezeichnete Szenen im hannoverschen Leineschloss und für die Stimmen wurden Profis wie der NDR-Tagesschausprecher Jo Brauner engagiert.
Verantwortlich für das Produkt zeichnet die Fachhochschule Hannover mit den Fachbereichen Wirtschaft sowie Design und Medien. Die Idee und die Produktionsleitung lag bei Professor Dr. Dr. Jaspersen, doch er sollte sich beim nächsten Mal vorher auf dem Markt umsehen oder sich von Lernsoftwareexperten wie Thomas Feibel beraten lassen, dann kommt vielleicht auch ein Lernprogramm heraus, mit dem die Schüler gerne arbeiten. So hat man nur eine Arbeit abgeliefert, die den Politikern und allenfalls den wenig computerbegeisterten Lehrern gefällt und diese werden die CD-ROM erst gar nicht einsetzen.