Wo kommt das Gas denn her?
Seite 2: Würde Deutschland aus politischen Gründen den Gasimport aus Russland unterbrechen, müsste das nicht bezogene Gas dennoch bezahlt werden
- Wo kommt das Gas denn her?
- Würde Deutschland aus politischen Gründen den Gasimport aus Russland unterbrechen, müsste das nicht bezogene Gas dennoch bezahlt werden
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Die deutsche Gaslandschaft teilt sich heute in zwei sogenannte "Marktgebiete": Gaspool in Nord- und Ostdeutschland und NetConnect Germany in West- und Süddeutschland.
An der Berliner GASPOOL Balancing Services GmbH sind die folgenden Gasnetzbetreiber beteiligt: Gascade (ehemals Wingas), Gasunie Deutschland (Niederlande), Ontras (Tochter der VNG), Dong Energy Pipelines (Dänemark), GTG Nord (EWE, Oldenburg), und Nowega (Erdgas Münsterland). Über diese Fernleitungen werden 400 Verteilnetze beliefert, aus welchen die Endkunden versorgt werden.
Die Gascade Gastransport GmbH ist eine Tochter der W & G Beteiligungs-GmbH & Co. KG, einem Gemeinschaftsunternehmen der Wintershall Holding GmbH und der russischen OAO GAZPROM. Zu dieser Gruppe zählen auch die NEL Gastransport und die OPAL Gastransport zur Anbindung der Northstream Pipeline an das deutsche Gasnetz. Außerdem hält sie Beteiligungen an den Pipelines MIDAL (von der Nordseeküste nach Süddeutschland), RHG (Rehden-Hamburg), JAGAL (Jamal-Gas-Anbindungs-Leitung, von der polnischen Grenze nach Thüringen) und ERM (Erdgasleitung Rhein-Main).
Ins Netz der Ontra speisen mehrere Biogasanlagen ein und in Falkenhagen ist das Unternehmen an einem Power-to-Gas-Projekt beteiligt, bei dem mit Windkraft erzeugter Wasserstoff ins Gasnetz eingespeist wird. Das Netz der Gasunie Deutschland geht auf des Netz der BEB Erdgastransport zurück und umfasst heute auch eine Beteiligung an der DEUDAN, der Deutsch/Dänischen Erdgastransport-Gesellschaft.
Gesellschafter der Ratinger NetConnect Germany GmbH & Co. KG sind die Open Grid Europe (früher E.ON Gastransport), die Bayernets (eine Tochter der Bayerngas), Fluxys (Belgien), GRTgaz Deutscland (GDF Suez-Gruppe), Terranets BW (EnBW/Eni) und Thyssengas (ehemals RWE, jetzt Macquarie). Aus dem 20.000 km langen Hochdrucknetz werden 500 Verteilnetze versorgt.
Die Open Grid Europe geht auf das Ruhrgasnetz zurück und wurde von E.ON an mehrere Infrastrukturfonds (u.a. Macquarie) verkauft. Der mehrheitlich staatliche belgische Netzbetreiber Fluxys ist in Deutschland an der TENP beteiligt, der Trans-Europa-Naturgas-Pipeline von der niederländischen Grenze bei Aachen bis zu Schweizer Grenze in der Nähe von Basel.
Zur Gasversorgungs-Infrastruktur zählen auch die insgesamt 43 unterirdischen Erdgasspeicher, die knapp 20 Mrd. Kubikmeter Gas aufnehmen können. Aus technischen Gründen kann der Speicherinhalt jedoch nur zu maximal 50% genutzt werden. Im Rahmen des Asset-Tauschs zwischen Wintershall und Gazprom soll der russische Gaskonzern auch die Speicherbeteiligungen der Wingas übernehmen, die etwa 20% der deutschen Speicherkapazität ausmachen.
Der Großhandel mit Erdgas wird heute von rechtlich selbständigen Unternehmen durchgeführt, die im Gegensatz zur Zeit vor der Liberalisierung des Energiemarkts kein Gebietsmonopol mehr haben. Dazu zählen neben der Wingas in Hannover die Bayerngas in München, die VNG Verbundnetz Gas in Leipzig und die Gasversorgung Süddeutschland in Stuttgart. Die verbliebenen Reste der ehemals stolzen Ruhrgas wurden im vergangenen Jahr zur E.ON Global Commodities SE verschmolzen. Da sich der Handelsbereich inzwischen von der immobilen Infrastruktur gelöst hat, verändert sich die Marktstruktur derzeit in immer kürzeren Abständen.
Die Entwicklung der Gaspreise ist seit dem vergangenen Jahr nicht mehr an die Preise für Erdöl gebunden, sondern wird unabhängig davon ausgehandelt und orientiert sich einerseits am jahreszeitlich schwankenden Gasbedarf, andererseits aber auch an den Abweichungen vom jeweils erwarteten Gasbedarf. Fällt der Winter wärmer aus als erwartet, fallen die Preise. Schneit es zu Ostern, schießt der Preis in die Höhe. Jeder Händler bemüht sich deshalb um eine möglichst exakte Bedarfsprognose, denn bezahlen muss er, auch wenn er die bestellte Menge nicht abnimmt: Bei den meisten Gaslieferverträgen (und vor allem bei den Gasimportverträgen) handelt es sich nämlich heute um sogenannte Take-or-Pay-Verträge, bei denen der Abnehmer auch dann zur Kasse gebeten wird, wenn er weniger Gas abnimmt als vereinbart. Würde Deutschland aus politischen Gründen den Gasimport aus Russland unterbrechen, müsste das nicht bezogene Gas dennoch bezahlt werden.
Für den Endverbraucher gibt es heute wie beim Strom etwa 900 sogenannte Grundversorger, die das lokale Verteilnetz betreiben. Das Gas muss der Kunde jedoch nicht von diesem Unternehmen kaufen, sondern kann (ähnlich wie beim Strom) sein Gas von einem ortsfremden Anbieter kaufen, der hinsichtlich Tarif und Lieferbedingungen seinen Vorstellungen entspricht. Der jeweilige Gasanbieter muss dann dem Netz die benötigte Gasmenge zur Verfügung stellen.
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