Wo kommt das Gas denn her?

Bild: www.enet.eu. Lizenz: CC-BY-SA-3.0

Mit den Ereignissen in der Ukraine wurde die Sicherheit der deutschen Gasversorgung ganz plötzlich zum aktuellen Thema und hat zumindest die Politik unvorbereitet getroffen

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Gerade im Zusammenhang mit den Gaslieferungen aus Russland lohnt sich ein kurzer Blick auf die bestehenden Strukturen und zurück in die Entwicklung der Gasversorgung in Deutschland.

Die Vorgeschichte

Die Gasversorgung kann in Deutschland auf eine viel längere Geschichte zurückblicken, als die Stromversorgung, denn schon 1784 stellte der Apotheker Johann Georg Pickel in Würzburg zum ersten Mal Gas durch Verkohlung von Knochen her. Die industrielle Gaswirtschaft hat ihre Wurzeln jedoch in Großbritannien, wo 1823 schon 62 Gasgesellschaften in 52 Städten Gas für Beleuchtungszwecke lieferten. Zwei Jahre später schlossen auch Hannover und Berlin Verträge mit der englischen Imperial Continental Gas Association ab, um in ihrem Stadtgebiet eine Gasbeleuchtung zu installieren.

Für die Bezahlung des Gasbezugs wurden in den Haushalten vielfach Münzzähler installiert, weil das monatliche oder vierteljährliche Inkasso zu häufig nicht erfolgreich war. Die Löhne wurden damals ja noch wöchentlich ausgezahlt. Gas gab es zumeist nur in den Städten, die eine ausreichende Kundendichte bieten konnten. Auf dem Lande hatten höchsten Kurorte mit mondänem gehobenem Publikum die Chance auf eine lokale Gasversorgung.

Das Gas kam aus lokalen und vielfach kommunalen Gaswerken, die über lange Zeit aufgrund ihrer Kostenvorteile dem Wettbewerb mit den aufkommenden Elektrizitätszentralen standhalten konnten. In Regionen mit hoher Industriedichte wie dem Ruhrgebiet wurden zunehmend Ferngasgesellschaften gegründet, die ihr Versorgungsgebiet immer weiter ausdehnten. Thyssen und Stinnes waren die wichtigsten Konzerne, die damals auf der Basis ihrer Kokereien die Ferngasnetze betrieben und den städtischen Gaswerken zunehmend Konkurrenz machten. In den Kokereien war das Gas früher ein Abfallprodukt, für das man eine sinnvolle Verwendung suchte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sogar Gas in die Niederlande exportiert. Größte Gasgesellschaft war damals die auf das Kohle-Syndikat zurückgehende Ruhrgas AG.

Erdgas kommt

Der wohl größte Umbruch in der Gasversorgung kam in den alten Bundesländern in den 1970er Jahren mit der Umstellung auf Erdgas, die in den neuen Bundesländern in den 1990er-Jahren abgeschlossen wurde. Erdgas galt im Gegensatz zum Stadtgas, das in den vielfach städtischen Gaswerken aus Kohle gewonnen wurde und wegen seines Kohlenmonoxidgehalts giftig war, als saubere Energiequelle. Aber auch Erdgas war anfänglich eher ein Nebenprodukt, das bei der Erschließung von Erdöllagern anfiel.

In Groningen in den Niederlanden wurde 1959 ein so großes Gaslager erschlossen, dass die Niederlande zum Gasexporteur wurden und ab 1963 Erdgas nach Deutschland lieferten. Um 1970 schloss die Ruhrgas AG einen Liefervertrag mit der damaligen Sowjetunion und bezog ab 1973 Erdgas aus Russland. Obwohl man sich damals noch mitten im Kalten Krieg befand, waren die Gaslieferverträge mit der Sowjetunion ein wichtiges Element zu Absicherung der deutschen Energieversorgung, hatte man doch im Herbst des Jahres 1973 mit dem Ölembargo der OPEC plötzlich feststellen müssen, dass die Ölversorgung einfach zu unterbrechen ist. Vier autofreie Sonntage waren ein deutliches Zeichen.

Weder die Sowjetunion, noch Russland haben die Lieferungen nach Deutschland seither unterbrochen. 1977 kamen Norwegen und um 1983 Dänemark als Gaslieferanten für Deutschland hinzu. Über den Gasverkauf finanziert Norwegen inzwischen sein Rentensystem. Mit dem Wechsel vom Kokereigas zum Erdgas wechselten auch die Eigentümerstrukturen bei den Ferngasgesellschaften von der Kohle zum Erdöl. Aus dieser Zeit stammte auch die Ölpreisbindung der Gaspreise, die inzwischen nicht mehr besteht. Gut 80% des Gasverbrauchs in Deutschland wird heute importiert, der Rest kommt aus inländischer Förderung. In kleineren Mengen wird auch sogenanntes Biomethan eingespeist.

Das Energiewirtschaftsgesetz von 1998 und die Netzgesellschaften

Die nächste große Veränderung im Gasmarkt kam mit der von der EU angestoßenen Liberalisierung des Energiemarktes vor der Jahrhundertwende. Jetzt wurden Gashandel und Gasleitungsnetz organisatorisch getrennt. Teilweise werden heute beide Bereiche als Tochtergesellschaften einer übergeordneten Holding geführt, teilweise wurden externe Investoren beteiligt.

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