Wörter und Sätze, die verboten gehören
Wertstofftage, X-files und schwitzende Schweine
Wer metrosexuell ist, der treibt es gern in der Metro das glauben immer noch viele. Dabei steht der Begriff, den bereits 1994 der britische Journalist Mark Simpson erfunden hat, in Wirklichkeit für Männer, die den lieben halben Tag lang vor dem Spiegel verbringen, um anschließend stundenlang durch Modeboutiquen zu schlendern. Und für genau solche Typen gibt es bereits genügend andere Begriffe, meint ein Komitee aus Linguisten der amerikanischen Lake Superior State University, das "metrosexuell" jetzt an die Spitze der Wörter und Sätze gestellt hat, die einfach verboten gehören.
Bereits seit 1996 wird eine solche Liste alljährlich veröffentlicht, und im vergangenen Jahr sind vorwiegend über die Internetseite der Universität 5.000 Vorschläge eingeschickt worden. Unter den jetzt schließlich ausgewählten Begriffen befindet sich mit dem X auch ein Buchstabe, der sich beinahe seuchenartig in Wortschöpfungen verbreitet hat.
X - Last year it was 'extreme.' This year, 'X' follows in its footsteps. "Marketers have latched onto this letter to grab the 'Generation-X demographic. X-files, Xtreme, Windows XP and X-Box are all part of this PR-powered phenomenon," said John Casnig of Kingston, Ontario.
Genauso xtrem unerträglich originell sind die längst zum Fürchten beliebten Kürzel in Emails wie das völlig doofe LOL, das bekanntlich für "laugh out loud" steht. Oder das @-Zeichen, mit dem inzwischen PR-Leute jede zweite Werbeanzeige vermeintlich modern aufpeppen. Auch der Irak-Krieg wird mit "Embedded Journalist" und "Shock and Awe" entsprechend gewürdigt. Und außerdem noch der Vergleich "schwitzen wie ein Schwein", der schlichtweg falsch ist, weil authentische Schweine eben nicht schwitzen.
Rein deutsche Wörter stehen leider nicht auf der Liste. Obgleich es auch bei uns welche gibt, die sofort für immer verboten gehören, beispielsweise "Agenda", worunter jeder etwas anderes und meist etwas Falsches versteht. Aber auch das gute alte "Wunder" ist 2003 so oft missbraucht worden, dass man es sofort für ein paar Jahre in die Kreativpause schicken sollte. Und wer das Glück hat, in Hannover zu leben, der hat nun das Pech, in diesem Jahr mit einer neuen Wortschöpfung leben zu müssen. Für den Tag der Müllabfuhr ist jetzt nämlich von Amts wegen mit "Wertstofftag" ein Wort erfunden oder zumindest amtlich eingeführt worden, das sofort dorthin gehört, wovon es im Kern ja handelt: auf den Müll.
Wertstofftag: Die Abfuhr von Papier und Leichtverpackungen mit dem grünen Punkt erfolgt künftig stets am Wertstofftag das heißt, immer am gleichen Wochentag. Papier wird künftig jede Woche am Wertstofftag abgeholt, die Abfuhr der Wertstoffsäcke mit den Leichtverpackungen erfolgt alle 14 Tage ebenfalls am Wertstofftag.
aus: Hannoversche Allgemeine Zeitung, 31.12.2003