Wozu Raumfahrt?

Seite 4: Die größte Herausforderung

Das ganze Themenfeld um die Besiedelung ferner Regionen bietet der Kritik reiches Material, um sich an Plänen und Visionen abzuarbeiten, die womöglich mehr über die Auffassungen, Sehnsüchte und Ängste der Zeitgenossen verraten als über zukünftige Ereignisse. Diskussionswürdig sind dabei weniger die technischen Aspekte, sondern es ist der große "Störfaktor" Mensch, der notwendig in diese Szenerien eingebaut ist und an dem sich Fragen entzünden, die in den Ingenieurabteilungen nur unzureichend beantwortet werden können.

Was von den heutigen Erwartungen und Prognosen eintreten wird, zeigen die Jahre. Doch werden wohl auch die beeindruckendsten technischen Leistungen von der fernen Ahnung begleitet sein, dass das All bei den Kampagnen nicht mitspielen könnte, dass es doch nur Einsamkeit und Verzweiflung bereithält, dass es schlicht kein Ort für uns ist. Als die größte Herausforderung könnte sich schließlich erweisen, sterben zu lernen, während Lebensräume schwinden, Sonnen ausglühen, Galaxien ineinander rasen, das Universum erkaltet, bis zum nächsten göttlichen Höhepunkt in der sich wiederkäuenden Ewigkeit.

Doch bis dahin ist noch Zeit. Das Interesse an der Raumfahrt jedenfalls erlebt gegenwärtig eine Renaissance, und auch die Projekte sind wieder ambitionierter. Man will erneut zum Mond und im Marsstaub sollen nicht nur Abdrücke von Roboterfahrzeugen zu sehen sein, sondern auch menschliche Fußspuren. Der Blick in die Berichterstattungen und sonstige Veröffentlichungen zeigt derweil, dass sich das Vokabular und offenbar auch die Denkmuster aus dem letzten Jahrhundert gut erhalten haben. Längst stehen die Vorhaben wieder im Zeichen von Mächtekonkurrenzen. Von "Wettläufen" ist allenthalben die Rede, zwischen politischen Systemen, Konzernen, Egos. Wer auch immer in diesem Rennen als erster einen Himmelskörper betritt, eine Menschheitsfahne wird er nicht hissen.