Zehnerallianz gegen das Salafistenkalifat
US-Außenminister Kerry will die Türkei und Deutschland in den Kampf gegen den "Islamischen Staat" (IS) mit einbeziehen
Auf dem NATO-Gipfeltreffen im walisischen Casnewydd hat der amerikanische Außenminister John Kerry eine "Kern-Allianz" von zehn Staaten angeregt, die der Ausbreitung des Kopfabschneiderkalifats seiner Ansicht nach ein Ende setzen könnte. Dem Bündnis sollen neben den USA, Kanada, Australien, Großbritannien, Frankreich, Italien, Dänemark, Polen auch Deutschland und die Türkei angehören.
Dass die Türkei mit einbezogen wird, ist insofern bemerkenswert, als Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie in der Vergangenheit bei Grenzübertritten von Salafisten beide Augen zudrückte, um damit im Nachbarland Syrien den gewaltsamen Sturz der Staatsführung zu fördern: Nach bisherigen Erkenntnissen westlicher Behörden reisten fast alle der mindestens 800 französischen, mindestens 500 britischen und mindestens 400 deutschen Dschihadisten über die Türkei in das Salafistenkalifat ein, das auf syrischer Seite zwei Grenzabschnitte kontrolliert.
Bis zum Juni wurde die Sekte von Ankara nicht als terroristische Organisation eingestuft und noch heute werden in türkischen Städten offen Devotionalien und Kleidungsstücke mit ihren Symbolen angeboten und Spenden für sie gesammelt. Die Anhänger, die die Sekte unter türkischen Sunniten hat, könnten sich im Falle eines halbwegs wirksamen Engagements schnell und direkt gegen die eigene Regierung wenden.
Hinzu kommt, dass die Kopfabschneider zahlreiche Mitarbeiter des türkischen Konsulats in Mosul als Geiseln gefangen halten, deren Leben gefährdet ist, wenn sich der "Islamische Staat" von der Türkei verraten sieht. Im Gegensatz zu den USA, wo man die vorhandenen Geiseln bereits geköpft hat, reichen die etwa 50 Angestellten aus der Türkei noch für viele Videoaufnahmen, die die dortige Regierung unter Druck setzen können.
Im Zusammenhang mit der geplanten Zehnerallianz spricht Kerry von "Angriffen", lässt aber weitgehend offen, wie diese konkret aussehen könnten. Das könnte ihm zufolge unter anderem auf einer demnächst anstehenden Uno-Vollversammlung debattiert werden. Ein Einsatz von NATO-Bodentruppen komme jedoch nicht infrage.
Neben der Ausrüstung und Ausbildung von nichtstaatlichen Milizen, die Kerry explizit nannte, dürfte es deshalb vor allem um Luftangriffe gehen, wie sie derzeit allein die US-Streitkräfte fliegen. Die australische Regierung hat bereits signalisiert, dass sie bereit wäre, sich mit F/A-18E/F Super Hornets an solchen Luftschlägen zu beteiligen.
Die britische Royal Air Force, die sich bislang nur an der Luftaufklärung beteiligt, könnte Premierminister David Cameron zufolge Angriffe auf Kalifatsterroristen nicht nur auf irakischem, sondern auch auf syrischem Territorium durchführen. Eine Zustimmung der syrischen Regierung will der britische Premier dafür nicht einholen, weil er diese für "illegitim" hält.
Andere britische Politiker halten diese Haltung für einen Fehler: So glaubt beispielsweise der Labour-Abgeordnete Peter Hain, dass der IS nicht ohne einen "Deal" mit Assad besiegt werden kann und Sir William Patey, ein ehemaliger britischer Botschafter im Irak und in Saudi-Arabien, empfiehlt seiner Regierung in der Frage der Kopfabschneiderbekämpfung nicht nur eine Zusammenarbeit mit dem syrischen Staatschef, sondern auch mit dem Iran und Russland.
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