Zeitenwende im Kuhstall

Seite 2: Immer weniger Betriebe halten immer mehr Kühe

Im Mai 2022 gab es hierzulande nur noch 53.677 Milchbauern – so wenig wie nie zuvor. Von Mai 2021 bis Mai 2022 stellten rund 2.200 Betriebe ihre Milchproduktion ein – täglich sechs Betriebe. Vor zehn Jahren waren es noch rund 85.000 Milchbauern. Mehr als ein Drittel aller Milchbauern gaben seither den Betrieb auf.

Mit 1,08 Millionen (28 Prozent) stehen die meisten Kühe immer noch in Bayern. Gleichzeitig stiegen hier rund 1.100 Betriebe aus der Milchproduktion aus. Derzeit erzeugen in Bayer rund 25.200 Milchviehbetriebe – fast die Hälfte aller deutschen Milchbauern – etwa ein Viertel der deutschen Milchmenge. In Niedersachsen stiegen 284 Milcherzeuger aus. Hier verbleiben rund 7.980 Betriebe mit rund 801.000 Kühen, die ebenfalls ein knappes Viertel der gesamtdeutschen Milch erzeugen.

Im Mai 2022 wurden in deutschen Ställen 3,82 Millionen Milchkühe gezählt. Vor zehn Jahren gab es hierzulande noch 4,2 Millionen Kühe. Dennoch ist der Schwund der Tiere im Vergleich zum Schwund der Betriebe moderat. So verringerte sich die Zahl der Milchkühe von Mai 2021 bis Mai 2022 gerade mal um 74.000. Die deutsche Hochleistungskuh wird auf immer höhere Milchleistung gezüchtet. Die höheren Leistungen gleichen das Defizit an Tieren wieder aus.

Bayern und Niedersachsen punkten mit Bio-Milch

Bereits vor der Abschaffung der Milchquote innerhalb der EU im Jahr 2015 wurde in Süddeutschland immer weniger Milch gemolken, während die Milchmengen im Norden zunahm. Doch seither nimmt die Milcherzeugung vor allem im Osten ab.

Laut Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) sank die Anlieferung konventioneller Kuhmilch in den ostdeutschen Bundesländern zwischen 2015 und 2020 etwa um zehn Prozent, wobei in Thüringen und Brandenburg mit je zwölf Prozent der Schwund am größten ist. Somit fehlen im Osten rund 646.000 Tonnen Milch.

Im selben Zeitraum wuchs in Nordrhein-Westfalen die an Molkereien angelieferte Menge an konventioneller Kuhmilch um 305.000 Tonnen. Noch größer war der Zuwachs absolut gesehen in Niedersachsen mit 354.500 Tonnen. Insgesamt sank die konventionelle Milcherzeugung nur leicht um ein halbes Prozent auf 30,6 Millionen Tonnen. Während die Zahl der Milchbauern in den letzten Jahren stetig sank, blieb die Zahl der milchverarbeitenden Unternehmen praktisch unverändert.

Was in Bayern innerhalb der letzten fünf Jahre an konventioneller Milcherzeugung verlor, konnte das Land durch Produktion von Biomilch mehr als ausgleichen. Schon seit Jahren ist der Feistaat mit fast 400.000 Tonnen angelieferter Bio-Rohmilch der größte Bio-Milcherzeuger in Deutschland. Bis 2020 war die Menge auf knapp 589.000 Tonnen angewachsen.

Auch in Niedersachsen verdoppelte sich die angelieferte Menge im genannten Zeitraum auf 105.800 Tonnen. In Brandenburg und Thüringen hingegen ging die Anlieferung sogar zurück.

Immer mehr Menschen kaufen Pflanzendrinks

Steigende Milchmengen, hohe Inflation und Kaufzurückhaltung, schrumpfender Welthandel mit sinkenden Preisindizes für Butter und Pulver - das alles wirkt sich auf die Preise aus. Zum Beispiel in den Molkereien: War deren Umsatz bis Ende 2021 um etwa 20 Prozent auf rund 27 Milliarden Euro geklettert, so hatten sie in den letzten Monaten mit sinkendem Absatz aufgrund der Preissteigerungen zu kämpfen.

Zwischendurch sorgte eine Verknappung der Milch für steigende Preise. Die Milchbauern, die jahrelang von den Molkereien mit 20 bis 30 Cent für den Liter Rohmilch abgespeist worden waren, konnten sich in den letzten Wochen über eine Entlohnung von 50 bis 60 Cent freuen.

Doch auch das Kaufverhalten der Verbraucher hat sich verändert: Aufgrund der hohen Inflation wird weniger Markenware gekauft und mehr zu Sonderangeboten gegriffen. Immer mehr Verbraucher greifen auch zu Pflanzendrinks – sei es, weil sie grundsätzlich tierische Produkte meiden, oder weil sie das Klima schützen wollen. Manche leiden unter einer Milchallergie oder unter Laktoseintoleranz – hierzulande betrifft immerhin 15 bis 20 Prozent der Erwachsenen.

So sank die verkaufte Menge Kuhmilch im vergangenen Jahr um zehn Prozent. Die "Veggie-Milch" liegt bereits bei einem Marktanteil von knapp zehn Prozent.

Vor allem Soja-, Hafer-, Reisdrinks zählen zu den angesagten Milchersatzprodukten. Denn sie gibt es in Bio-Qualität, und die Zutaten kommen aus Europa und nicht – wie etwa Mandelmilch – aus Übersee.

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