Ziele verfehlt, Sechs, setzen: Vernichtendes Urteil über deutsche Klimapolitik

Seite 2: Kritik von allen Seiten

Entsprechend hagelte es nach der Veröffentlichung des Expertenrats Kritik an der Bundesregierung: Die Deutsche Umwelthilfe meint, das Klimaschutzprogramm sei das Gegenteil von verantwortungsvoller Politik und fordert die Bundesregierung auf, das Programm sofort massiv nachzubessern. Ähnlich sieht es der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der wirksamere und mehr Maßnahmen verlangt, da "dieses Klimaschutzprogramm nicht einmal den Anforderungen des Klimaschutzgesetzes" entspricht.

Klimaschutz werde nur "gelingen, wenn Deutschland durch Klimaschutz auch sozial gerechter wird", meint BUND-Geschäftsführerin Antje von Broock. Und weiter: "Noch mangelt es aber an Maßnahmen für einen sozial gerechten Umbau. Die breite Zustimmung in der Bevölkerung wird daran hängen, ob Klimaschutz gleichzeitig auch gute Lebensbedingungen erhält."

Brook hebt vor allem auf Energieeffizienz und Gebäudesanierung ab, mit der der Energiebedarf und damit die Kosten für viele Menschen gesenkt werden könnten. Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass den Vermietern nicht mehr gestattet wird, die Sanierung für Mieterhöhungen zu nutzen. In manchen Städten sind die Gebäudesanierungen bisher bei den Mietern gefürchtet, weil oft mit ihnen die Mieten in die Höhe getrieben und Geringverdiener verdrängt werden.

Kritik kommt schließlich auch vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), der ebenfalls die Versäumnisse in den Gebäude- und Verkehrssektoren betont. Die "geplante Aufweichung der Sektorenziele" werde abgelehnt. "Wir sehen mit Sorge, dass Ziele faktisch auf andere Sektoren übertragen werden können und dadurch zudem Ambitionen in einzelnen Sektoren nachlassen", kommentiert die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung Kerstin Andreae.

Für den Verkehrssektor schwebt dem BDEW vor allem das Elektroauto vor. 15 Millionen davon möchte der Verband bis 2030 auf die Straße bringen. Dafür brauche es ein "starkes Angebot an Lademöglichkeiten" und finanzielle Anreize für den Kauf von E-Autos.

Man könnte natürlich auch ÖPNV und Bahn ausbauen, vielleicht die Zuverlässigkeits- und Sauberkeitsstandards der 1970er-Jahre wieder einführen und die vielen stillgelegten Bahnstrecken wieder reaktivieren. Aber damit lässt sich vermutlich nicht so gut Geld verdienen wie mit Elektroautos und Ladesäulen.