Zukunft des Journalismus: Gemeinnützig, oder nicht?
Seite 2: Das Gewinnstreben entscheidet
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Der entscheidende Unterschied zwischen kommerziellen und gemeinnützigen Unternehmen wird in ihrem Gewinnstreben gesehen. Wer gemeinnützig ist, muss seinen Gewinn dem satzungsgemäßen, gemeinwohlorientierten Zweck zuführen; wer privat wirtschaftet, darf den Gewinn (nach Steuer) für sich behalten. Gemeinnützige können aber im Rahmen ihrer Satzungsziele auch zunächst ihre Tätigkeiten ausweiten.
Für die Mitarbeit in beiden Unternehmensformen gelten zunächst dieselben Bedingungen: Angestellte bekommen ein Gehalt, sie arbeiten zumindest auch, um damit ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Auch gemeinnützige Vereine dürfen ihre Mitarbeiter branchenüblich bezahlen, Geschäftsführer und sogar hauptamtliche Vorstände haben.
Deshalb ist die begriffliche Unterscheidung in kommerzielle und nicht-kommerzielle Unternehmungen irreführend. Die Mitarbeiter etwa der 74 öffentlich-rechtlichen und der 295 privaten Radiosender in Deutschland dürften überwiegend dieselben kommerziellen Interessen verfolgen.
Erst bei der Verwendung des Gewinns unterscheiden sich sogenannte kommerzielle und gemeinnützige Unternehmungen.
Konkrete Abgrenzung diffizil
Doch längst nicht jede Firma ist in der Situation, ihren Eigentümern Gewinne auszuzahlen. Trotzdem kann ich meinem von Pleite bedrohten Installateur keine steuerbegünstigte Spende zukommen lassen oder seine Rechnung von meinem Einkommen abziehen - obwohl vielleicht ohne seinen (derzeit nicht hinreichend lukrativen) Betrieb das Gemeinwohl eher geschmälert als gemehrt würde.
Für die steuerliche Behandlung gemeinnütziger Organisationen ist noch zu beachten, dass sie eine "subventionsähnliche" Sonderstellung bedeutet. Laut Subventionsbericht der Bundesregierung führte die "Steuerbegünstigung von Ausgaben zur Förderung mildtätiger, kirchlicher und gemeinnütziger Zwecke sowie von Zuwendungen an politische Parteien" im Jahr 2023 zu staatlichen Mindereinnahmen von rund zwei Milliarden Euro.
Mit anderen Worten: Jede als steuerbegünstigt angesehene Gemeinnützigkeit wird von allen Steuerzahlern gefördert - und das ist u.a. dank der Mehrwertsteuer jeder in diesem Land, vom Touristen bis zum Kind mit seinem Taschengeld.
Journalismus nicht das Einzige, das eine Gesellschaft braucht
So naheliegend es ist, Engagement fürs Gemeinwohl fördern oder zumindest nicht erschweren zu wollen, so diffizil wird es jedoch bei der konkreten Abgrenzung. Das Forum gemeinnütziger Journalismus schlägt für seinen Bereich vor:
Es wäre wünschenswert, wenn sich in diesem neuen Sektor eine Selbstorganisation entwickeln würde, die vergleichbar mit dem Deutschen Presserat Kriterien aufstellt, anhand derer die Standards im gemeinnützigen Journalismus festgelegt werden.
Doch wie sollte dies frei von Eigeninteressen der vom Gemeinnützigkeitsstatus Profitierenden geschehen? Was ist, wenn ein Anti-Fake-Aufklärer wie der Volksverpetzer selbst desinformiert? Wie viele Patzer darf man sich erlauben? Und ab wann kommen etablierte Medien, die alle Qualitätsstandards erfüllen, in den Genuss der Steuervergünstigung?
Wie sieht es mit all den anderen Bereichen aus? So wichtig er ist: Journalismus ist wahrlich nicht das Einzige, das eine Gesellschaft braucht.
Was sind Aufgaben, die nur die Gesellschaft als Ganzes erfüllen kann und muss?
Vielleicht sollte daher eher mal wieder ganz grundsätzlich über das Steuersystem nachgedacht werden. Was sind die Aufgaben, die nur die Gesellschaft als Ganzes erfüllen kann und erfüllen muss, was ist einem jedem selbst anheimgestellt? Wer soll in welchem Umfang für die Gemeinschaftsaufgaben zahlen (oder anderes leisten)?
Es geht wie immer um die Frage: Wer will was von wem, wofür, warum?