Zurück in die Zukunft

Update: Statt Holz direkt zu verfeuern, wird in Afrika die Nutzung von Holzkohle empfohlen

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Eine unerwartete Schlussfolgerung: Keine Feinstaub-Belastung und keine Klagen über die immens steigenden Heizölkosten. Weder Gas noch petrochemische Stoffe, sondern Kohle wird in Afrika als das Heilmittel für die nächsten 50 Jahre empfohlen.

Zu diesem Resultat kommen Robert Bailis und Mitarbeiter von der "Energy and Resources Group" an der kalifornischen Universität in Berkeley und der "Harvard School of Public Health" in Boston. Ihre Berechnungen in Science zeigen, wie in Afrika allein durch die Umstellung des Heizmittels von Holz auf Holzkohle die Zahl der durch Fahrlässigkeit getöteten Kleinkinder und Frauen erheblich verringert werden könnte.

Auf der Suche nach Brennholz (Bild: Science)

Das tägliche Leben wird in Afrika immer noch traditionell vom Brennholz beherrscht. 94 Prozent der Haushalte in der ländlichen Umgebung und 73 Prozent in der Stadt benutzen zum Kochen und Heizen schlichtweg Holz. Das Holz wird aus der Umgebung zusammengesucht oder durch Abholzen gewonnen, und selten "abgepackt" geliefert. Die Nachteile liegen auf der Hand: Jeden Tag suchen Frauen und Kinder den notwendigen Bedarf zusammen. Damit verbrennen sie 470 Millionen Tonnen jährlich oder 0,72 Tonnen pro Kopf. Abgesehen davon, dass sie die Umwelt verschmutzen, verursachen die Abgase der Öfen, weil sie nicht gesichert sind, häufig gesundheitliche Schäden.

China und Indien, Länder mit 3,5mal mehr Bevölkerung als Afrika, verbrennen in der Summe nur 340 Millionen Tonnen an Holz. Ferner ist es vor allem der unsachgemäße Gebrauch der Brennstellen, dem die Frauen und ihre Kinder zum Opfer fallen.

Robert Bailis und Mitarbeiter haben anhand von Modellberechnungen nach den Auswirkungen gefragt, die eine veränderte Nutzung nach sich zieht. Als Ausgangslage wurde die Situation im Jahr 2000 zugrunde gelegt. Das Ziel ist bis 2050 berechnet worden, das heißt knapp 50 Jahre, um die Umstellung allmählich zu bewerkstelligen. Ferner gehen die Autoren davon aus, dass, wie am Beispiel Kenya gezeigt, ein Kohleofen, der 1-2 Jahre funktioniert, mit einer Amortisation von 3-5 Dollar monatlich zu Buche schlägt. Die Heizkosten betragen jährlich ungefähr 200 Dollar.

Produktion der Biomasse in Afrika (Bild: Science)

Tatsächlich verbessern sich die Verhältnisse, wenn statt der heutigen Bedingungen (BAU und BAU-S) Kohle zur Verfeuerung genutzt wird. Gute Ergebnisse machen sich vor allem bei der zügigen Umstellung bemerkbar. Wenn beispielsweise bis zum Jahr 2010 der Verbrauch von Holz beim Feuern erheblich abnimmt, wird in den Folgejahren die weitere Reduktion "linear" erfolgen. Das Ziel ist hierbei, den Kohleofen bei 2/3 aller Haushalte einzuführen (Modell RC) oder bei allen Familien bis zum Jahr 2050 (Modell RC-S).

Zu den Todesursachen zählen etwa 690000 Kinder unter 5 Jahren sowie 53000 Frauen, die an den Folgen einer Rauchvergiftung oder chronischen Schädigung der Lunge verstorben sind (für das Jahr 2000). Die Umstellung des Koch- und Heizverhaltens von Holz auf Kohle wird die Zahl der vorzeitig Verstorbenen erheblich verringern. Statt 9,8 Millionen wird sich die Zahl um etwa 1-1,3 Millionen bei einer der langsamen und um 2,8 Millionen (Modell RC) beziehungsweise 3,7 Millionen (Modell RC-S) bei der rascheren Gewöhnung an Kohle verringern. Und das alles ohne zusätzliche Kosten und ohne nennenswerte Einschnitte in die Infrastruktur des Haushaltslebens.

Beispiele für die aktuellen Verhältnisse und die modellhaften Berechnungen (Bild: Science)

Ferner zeigte eine kürzlich durchgeführte Untersuchung von C. Venkataraman und Mitarbeitern, dass in Indien der Holzofen, der nicht nur Holz, sondern auch zahlreiche Bioabfälle verbrennt, zu mehr als 50 Prozent für die Entstehung von Rußpartikeln verantwortlich ist. Folglich wird auch diese Belastung mit der Verwendung von Kohle erheblich vermindert.

Allerdings gehen die Autoren weder auf die Bevölkerungsentwicklung ein, noch auf wichtige Aspekte zur Sterblichkeit durch andere Erkrankungen wie beispielsweise HIV. Ferner berechnen die Autoren ihre Ergebnisse streng nach dem Kyoto-Protokoll. Demnach geht es um die verringerte Bildung von Kohlenstoffdioxiden, Methan und Stickstoffoxid. Viele Fragen, etwa nach den Auswirkungen von Aerosolen, Karbonmonoxiden oder nicht-methanhaltigen Hydrokarbonen, bleiben in der Berechnung unberücksichtigt. Doch auch bei uns wäre zu überdenken, ob die Kohle wirklich am Ende ist.

Anmerkung: In Afrika ist lt. Ansicht des Autors Kohle gleichbedeutend mit Holzkohle, da es keine fossilen Kohlenlager gibt. Red.