Zwischen Fatalismus und Illusion: Wie unsere Zukunft human bleibt

Seite 3: Auch in Zukunftsforschung ist manches Propaganda

Ähnlich wie das Zukunftsforum fand kurz danach auch die Klimakonferenz COP28 in Dubai statt. Präsident der Konferenz war der Leiter des staatlichen Ölkonzerns der Arabischen Emirate. Gleich in den ersten Tagen wurde bekannt, dass die Regierung die Klimakonferenz nutzen will, um neue Öldeals zu schließen.

Das zeigt doch den Konflikt zwischen erklärten Zukunftszielen und politischen Partikularinteressen? War der auch auf dem Zukunftsforum zu spüren?

Roland Benedikter: So deutlich nicht, das Forum fand wenige Tage vorher statt. Das war wohl kein Zufall. Zweifellos ist auch im Bereich der Zukunftsdebatte manches Propaganda, vieles Wunschdenken, anderes bloße Test-Projektion. Nicht wenig ist bewusst oder unbewusst überzogen.

Ein Teil der Veränderungs-Rhetorik dient auch dazu, ein bestehendes, hierarchisches System zu stabilisieren oder von seinem fehlenden Modernisierungswillen abzulenken. Letztlich kommt es darauf an, was geschieht: ob die guten Vorsätze Realität werden, oder ob sie dazu da sind, das Gegenteil zu verdecken.

Was bringt die Zukunft an Konflikten?

Roland Benedikter: Sie bringt vor allem Konflikte über Zukünfte – weit mehr als bisher. Es ist nur natürlich: Wenn Zukunft wichtiger wird, werden auch Konflikte über Zukunft an Raum und Einfluss gewinnen. Darunter werden verstärkt auch Konflikte über das Einschlagen der richtigen Richtung sein

Wir brauchen deshalb mehr "Zukunftsdiplomatie" – ein Feld, das sich der heute aufblühenden "Wissenschaftsdiplomatie" und "Wirtschaftsdiplomatie" an die Seite stellt. Ich kann die jungen Leserinnen und Leser nur ermutigen, sich damit zu beschäftigen – ein lohnender Job für die Zukunft!

Auch die Vereinten Nationen haben das erkannt: dass wir mehr Zukunftsdiplomatie brauchen.

Roland Benedikter: Ja, und das ist essenziell für den Globus. Denn so erreicht Zukunftsdenken in den kommenden Jahren die ganze Welt. Uno-Generalsekretär António Guterres hat für September 2024 den "Weltzukunftsgipfel" ausgerufen – den "Summit of the Future".

Er hat wie viele andere erkannt, dass es in der heutigen globalen Spaltung zwischen den Blöcken der Demokratien und der Nicht-Demokratien kein echtes Gespräch mehr gibt, nicht einmal mehr Small Talk. Das Einzige, was alle haben und worüber also alle – auch in Zeiten von Kriegen – weiterhin reden können und müssen, ist die Zukunft.

Damit man Zukunftsthemen auch spielerisch entdecken kann, hat die Unesco das Spiel "Das Ding aus der Zukunft" entwickelt, das man auch gut zuhause mit Freunden rein zum Spaß spielen kann. Ein anderes ist das Spiel "BioEcoJust Game", das sich um Naturgerechtigkeit dreht und derzeit vom Europäischen Zukunftsnetzwerk (Foresight Europe Network) entwickelt wird.

Wer mehr über die entscheidenden Zukunftstechnologien erfahren will, dem empfiehlt Roland Benedikter das Buch "100 antizipierte radikale Technologien für die Gesellschaftstransformation 2018-2037" des Komitees für die Zukunft des Finnischen Parlaments.

Das Unicef Youth Foresight Playbook soll Kindern und Jugendlichen außerdem die Möglichkeit geben, an Zukünften und ihrer Entstehung teilzuhaben, und beinhaltet auch ein Fellowship Programm.

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