Zwischen Lesern und Lobbynetzwerken

Seite 3: Medienkritik "lässt sich nicht nachvollziehen"

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Der aktuell häufig formulierte Vorwurf vieler Leser, den Leitmedien sei nicht mehr zu trauen, sie transportierten fehlerhafte und einseitige Informationen, schrieben an ihren Lesern vorbei und berichteten parteiisch insbesondere im Ukraine-Konflikt, schien zu dieser Stichprobe zu passen. Doch auf die Frage von Telepolis, ob eben dieser massiv und wiederholt vorgebrachte Vorwurf vieler Leser innerhalb der Redaktion der Süddeutschen bislang überhaupt einmal debattiert worden sei und ob man auch Schlussfolgerungen daraus gezogen habe, reagierte der Leserdialog-Beauftragte mit Unverständnis:

Eine allgemein formulierte Medienkritik, wir würden Informationen bewusst vorenthalten, lässt sich nicht nachvollziehen und deshalb nicht wirklich diskutieren. Wenn wirklich sachliche Kritik und argumentative Nachfragen zu einzelnen Artikeln eintreffen, diskutieren wir diese natürlich.

Daniel Wüllner

Doch wie es aussieht, haben viele Leser bereits ihre eigenen Konsequenzen gezogen. Zumindest fällt auf, dass die Anzahl der Kommentare im neuen Forum der SZ sehr gering ist. Oft bewegt sie sich nur im unteren zweistelligen Bereich - ganz anders, als noch im Sommer diesen Jahres, wo regelmäßig viele hundert Wortmeldungen pro Artikel eingingen. Ob nun gewollt oder nicht, im Effekt wurde die Zahl der Leserwortmeldungen durch die Umstrukturierung offenbar massiv dezimiert. Dazu trägt vielleicht auch bei, dass nach Auskunft der Zeitung die Leserforen nun turnusmäßig nach 24 Stunden geschlossen werden. Nur in Ausnahmefällen werde diese Zeit verlängert.

Das räumt auch Daniel Wüllner vom SZ-Leserdialog so ein, erklärt dabei aber zugleich optimistisch: "Während die Kommentarzahlen zurückgehen, verzeichnen wir derzeit qualitative Verbesserung eben dieser Beiträge."

Doch woran bemisst sich diese Qualität? Und wie definiert sich ein "sinnvolles" Diskutieren, wie es die SZ nach eigener Aussage erreichen möchte? Erkennbar ist bislang allenfalls eine Art pädagogischer Ansatz. Es scheint, als solle das Publikum gewissermaßen "erzogen" werden, sich "ordentlich" zu benehmen. An dieser Versuchsanordnung aber, so sieht es aus, wollen sich nun nicht mehr allzu viele Leser beteiligen. Doch was nützt der SZ am Ende eine (behauptete) "qualitative Verbesserung", wenn zugleich die Kommunikation quasi einschläft?

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