eToys.com gibt im Domainnamenkonflikt mit der Künstlergruppe Etoy - ein wenig - nach
Die Unterstützer der Kampagne gegen die Firma freuen sich, aber noch ist nichts entschieden
Offenbar hat eToys.com im Domainnamenstreit mit der Künstlergruppe Etoy.com vorerst eingelenkt. Am Mittwoch gab die Firma bekannt, nachdem die Anhörung vor dem Gericht am Montag ergebnislos verlaufen ist, da eToys.com den Termin auf 10. Januar hat verschieben lassen, dass man die Klage gegen Etoy nicht weiter verfolgen will.
Anscheinend hat der Protest gegen die Dominanz wirtschaftlicher Interessen und der Kommerzialisierung des Internet, der sich um den Fall eToys.com gebildet hatte, doch etwas gefruchtet. "Die Menschen sagen uns", so Jonathan Cutler, Pressesprecher von eToys.com, gegenüber Wired News, "sie wollen, dass die Kunst von Etoy und der E-Commerce von eToys.com koexistieren."
Bislang wurde offenbar Etoy noch nicht benachrichtigt, obgleich Cutler ankündigte, man wolle die Künstlergruppe sofort über die Entscheidung in Kenntnis setzen. Allerdings will sich eToys.com anscheinend noch nicht ganz von der Klage zurückziehen, denn man will sie vorerst nur nicht weiter verfolgen, aber nicht ganz einstellen. Über etwaige Bedingungen an Etoy, womöglich den Domainnamen weiterführen zu können, äußerte sich Cutler nicht. Doch er betonte, dass man mit der Klage, die zu dem vorläufigen gerichtlichen Bescheid geführt hatte, dass Etoy den Domainnamen nicht mehr benutzen darf, nicht die Meinungsfreiheit im Netz habe unterdrücken wollen.
RTMark, die sich an die Spitze der Kampagne gegen eToys.com gesetzt und zu unterschiedlichen Aktionen gegen die Firma aufgerufen hatten, um sie auch finanziell zu schädigen, fordert, dass der Online-Spielzeughändler die Klage völlig zurückzieht. Bis dies geschieht, ruft die Gruppe dazu auf, Emails an Angestellte der Firma zu schicken und sie unter Druck zu setzen: "Quit eToys!", die Aktienwerte auf Null zu bringen und den CEO von eToys.com zu zwingen, die Firma zu verlassen: "The aim is to set a permanent precedent--like the Brent Spar (Shell's nightmare)."
In einem ausführlichen Bericht über den Fall verweist der American Reporter auf zwei vertrauliche Briefe, die am 23.11., also noch vor dem Verfahren am 29.11., geschrieben wurden und der Zeitschrift vorliegen würden. Der erste Brief, geschrieben vom eToys-Rechtsanwalt Bruce A. Wessel, führte an, dass man der Künstlergruppe zwischen 20000 und 30000 Dollar für den Domainnamen Etoy.com angeboten hatte. Etoy lehnte das Angebot ab und forderte nach dem Brief 750000 Dollar. Daraufhin erhöhte eToys.com das Angebot auf 50000 Dollar und 7000 Aktien, die zu dieser Zeit noch einen Wert von 400000 Dollar hatten. Wieder lehnte Etoy ab und erhöhte die Forderung auf eine Million Dollar. In dem zweiten angeblich dem American Reporter vorliegenden Brief wiederholte der Etoy-Anwalt Robert S. Freiworth die Forderung von einer Million, fügte aber hinzu, dass in dieser Summe auch Wertpapiere enthalten sein können.
Seitdem sind die Aktien von eToys erheblich gefallen, was RTMark unter anderem auf ihre Kampagne zurückführt, die die finanzielle Schädigung der Firma zu ihrem expliziten Ziel des propagierten "Internetspiels" gemacht hatte. Nachdem RTMark, wohl nicht ganz ohne Unterstützung von Etoy, die Firma ruinieren will, ist natürlich nicht sicher, wie ernst die Forderung von einer Million für die Abgabe des Domainnamens ist. Die Künstlergruppe beteuert ebenso wie ihre Unterstützer, dass es um einen prinzipiellen Fall gehe und dass man sich nicht von großen Unternehmen und ihrem Geld unter Druck setzen lassen wolle, da die Zukunft des Internet bei dem Konflikt um den Domainnamen auf dem Spiele stehe. Allerdings wären möglicherweise für die Künstler eine Million Dollar eine große Versuchung. Würden sie schließlich doch das Geld nehmen, wären natürlich ihre Unterstützer düpiert.
Vorerst werden die Künstler von Etoy noch eine Weile ohne ihren Domainnamen leben müssen, bis eToys.com entweder die Klage zurückzieht oder ein Richter über den Fall endgültig entscheidet. Die Klage steht allerdings auf wackligen Füßen, da Etoy schon zwei Jahre, bevor es eToys.com überhaupt gegeben hat, den Domainnamen verwendet hatte. Schwierigkeiten könnte Etoy vielleicht am ehesten von den Aktionen ihrer Befürworter, beispielsweise von der Ausrufung des virtuellen Sit-Ins, erwarten. Unklar ist auch, ob das kalifornische Gericht überhaupt über den Fall nach kalifornischem Markenrecht entscheiden kann, da keiner der namentlich in der Klage erwähnten Künstler von Etoy seinen Wohnsitz in den USA hat. Die Anwälte von Etoy fordern, dass dafür ein Bundesgericht, wenn nicht ein internationales Gericht zuständig sein müsse. Mittlerweile ist eine ähnliche Klage gegen das Kunst- und Wissenschaftsnetzwerk Leonardo von einem Unternehmen erhoben worden.