Anti-Putin-Demo in Moskau endet mit 400 Festnahmen

Zehntausende protestierten vor dem erneuten Amtsantritt von Putin, schon vor der Kundgebung kam es zu Behinderungen der Opposition und kritischer Medien

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Am Ende einer Anti-Putin-Demo riefen radikale Oppositionsführer zu einem Sitzstreik auf. Demonstranten durchbrachen Polizeisperren. Es kam zu Festnahmen von 400 Demonstranten, darunter drei Oppositionsführern. Auf dem Kundgebungsplatz harrten am frühen Abend immer noch 5.000 Demonstranten - vor allem der linken Szene - aus, die sich weigerten, nach Hause zu gehen.

Ist das ein böses Omen für die dritte Amtszeit von Wladimir Putin? 18 Stunden vor dem feierlichen Amtsantritt von Wladimir Putin im Kreml kam es am Ende einer friedlichen Anti-Putin-Demo in der Moskauer Innenstadt zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Das Oppositionsbündnis für ehrliche Wahlen, welches im Winter mit friedlichen Großdemonstrationen international für Aufsehen sorgte, hatte für diesen Sonntag zu einem "Marsch der Millionen" aufgerufen. Gekommen waren nach Angaben der Organisatoren zwischen 20.000 und 100.000 Menschen. Die Polizei sprach zunächst von nur 8.000 Teilnehmern, wollte später aber keine endgültige Teilnehmerzahl bekannt geben.

Tausende hatten sich am Ende der Demonstration schon auf dem Moor-Platz vor der Kundgebungs-Tribüne versammelt, als es an den nur 15 Metalldetektoren, welche die Kundgebungsteilnehmer passieren mussten, zu langen Schlagen und Gedränge kam. Die Organisatoren der Demo, der Blogger Aleksej Nawalni und der Leiter der Linken Front Sergej Udalzow, riefen daraufhin zu einem Sitzstreik vor dem Kundgebungsplatz auf. Die beiden für ihre kompromisslose Haltung bekannten Politiker forderten freien Zugang zum Kundgebungsplatz. Später versuchten Demonstranten die Polizeiabsperrung vor dem Kundgebungsplatz zu durchbrechen.

Die Polizei reagierte mit harten Festnahmen. Bis zum frühen Abend wurden 400 Personen festgenommen. Die Festnahmen in der Innenstadt hielten am Abend noch an. Vertreter der Innenbehörde teilten mit, "Provokateure" hätten Polizei und Journalisten mit Steinen und Flaschen beworfen. Zwei Journalisten des russischen Fernsehkanals NTW seien verprügelt worden. 20 Polizisten wurden verletzt. Nach Meinung von Putins Pressesprecher Dmitri Peskow hätte die Polizei gegen die Provokateure "härter" vorgehen können, um die Sicherheit der Moskauer zu schützen. Den drei verhafteten Oppositonsführern, Sergej Udalzow, Aleksej Nawalni und dem Leiter des Solidarnost-Bündnisses, Boris Nemzow, drohen jetzt Haftstrafen von 15 Tagen.

Die Kreml-nahen Medien brachte ihre eigene Version der Ereignisse. Danach handelte es sich bei dem Sitzstreik um eine lange vorher geplante "Provokation" und die "letzte Chance" der Radikalen vor dem Amtsantritt von Putin, die Massen aufzuwiegeln.

Weil die Situation für viele Demonstranten unübersichtlich wurde, verließen viele Bürger enttäuscht die Demonstration. Die Stimmung der Demonstranten wurde auch dadurch getrübt, dass ein Fotograf, der von der Feuerleiter im fünften Stock eines Hauses fotografieren wollte, abstürzte und starb. Ein Journalist wurde bei den Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei verletzt.

Der Menschenrechtsbeauftragten des russischen Präsidenten, Wladimir Lukin, kritisierte im Internet-Fernsehkanal Doschd sowohl die Polizei als auch radikale Politiker der Opposition. Die Polizei auf dem Kundgebungsplatz habe zu wenig Notausgänge vorbereitet. Radikale Politiker der Opposition könnten so die Situation Anheizen. Lukin erinnerte in diesem Zusammenhang an den St. Petersburger Blutsonntag im Jahre 1905.

Schon vor der Demonstration in Moskau kam es zu Behinderungen der Protestbewegung. Nach Berichten Kreml-kritischer Medien wurden etwa 1.000 Demonstranten aus russischen Regionen, die an der Protestkundgebung in Moskau teilnehmen wollten, von der Polizei bei der Anfahrt aufgehalten. Das Aufhalten der PKWs und Busse begründete die Polizei, mit der Suche nach Drogen und gestohlenen Autos.

Außerdem kam es am Tag vor der Amtseinführung von Putin zu massiven Hacker-Attacken auf die Internet-Zeitung Kommersant, das Internet-Fernsehen Doschd und den Radio-Sender Echo Moskau.

Parallel zu der Anti-Putin-Demo veranstaltete die von dem neuen Präsidenten Russlands vor einem Jahr gegründete Volksfront auf dem Moskauer Verneigungshügel, einem Weltkriegs-Gendenkkomplex, eine Kundgebung und eine Konzert mit 30.000 Teilnehmern.