Ausstieg bis Ende 2014

Linksfraktion im Bundestag rechnet vor, wie in dreieinhalb Jahren das letzte AKW abgeschaltet werden könnte

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Die Linksfraktion im Bundestag hat ein Konzept für den Ausstieg aus der Atomenergienutzung vorgelegt. Demnach könnten nicht nur die sieben durch das Moratorium bis Mitte Juni ausfallenden Meiler und der ohnehin schon seit Jahren stillstehende Pannenreaktor Krümmel in Schleswig-Holstein sofort und auf immer vom Netz gehen. Auch die AKWs Neckarwestheim 2 sowie die Gundremmingen B und C sollen sofort abgeschaltet werden. Die verbleibenden sechs Meiler sollen bis Ende 2014 schrittweise folgen.

Der deutsche Kraftwerkspark sei derartig überdimensioniert, dass auf die elf genannten AKWs von heut auf morgen verzichtet werden könne. Das werde unter anderem auch daran deutlich, dass seit dem 5. Mai nur noch sechs AKW laufen, weil neben den vom Moratorium betroffenen und Krümmel mehrere Kraftwerke in Revision sind.

Die Parlamentarier argumentieren mit interessanten Daten über den Kraftwerkpark. 2010 gab es zum Beispiel eine gesicherte Nettoleistung von 89,9 Gigawatt (GW). In diese fließen die Windkraftanlagen nur mit fünf bis zehn Prozent der Nennleistung und die Solaranlagen mit null Prozent ein. Hinzu kam eine Kaltreserve von 1,6 GW. Das sind Kraftwerke, die stillgelegt sind, aber im Notfall wieder angefahren werden können.

Zieht man von diesen die sogenannte Langfristreserve von 6,6 GW ab, die als Sicherheitsreserve vorgehalten werden muss, um auch bei unerwarteten Ereignissen den Bedarf noch abdecken zu können, ist man bei 84,9 GW. Die Jahreshöchstlast, also der maximale Strombedarf, betrug 2010 jedoch nur 76,7 GW. Mit anderen Worten: Es gab eine Überschusskapazität von 8,2 GW. Für die beiden vorherigen Jahre ergeben sich durch eine ähnliche Rechnung Überschüsse von 8,7 GW (2008) und 14,8 GW (2009).

Zu beachten ist dabei, dass die AKW Krümmel und Brunsbüttel wegen ihrer legendären Pannenserie sowohl 2010 als auch in den beiden Vorjahren zu Zeiten der Jahreshöchstlast nicht am Netz waren also nicht zur gesicherten Nettoleistung beitrugen. Die elf Meiler, die die Linksfraktion sofort abschalten will, trugen zu ihr zusammen nur 8,8 GW bei.

Das ist weniger als der Überschuss in 2008 und 2009 und geringfügig mehr als der Überschuss während der Jahreshöchstlast 2010. Da diese aber nur stundenweise auftritt, wäre das durch den kurzzeitigen Einsatz der Langfristreserve zu überbrücken gewesen. Oder man hätte die Spitze, wie die Linksfraktion vorschlägt, durch gezieltes Verbrauchsmanagement bei einigen wenigen Großabnehmern zum Beispiel in der Chemieindustrie vermeiden können.

Nach Zahlen des Ökoinstituts, die die Linksfraktion zitiert, werden in den nächsten zweieinhalb Jahren Kohle- und Gaskraftwerke mit einer Kapazität von 11,2 GW ans Netz gehen. Die Uni Flensburg zählt etwas anders und kommt einschließlich neuer Müllkraftwerke bis 2014 auf eine zusätzliche von Leistung 12,9 GW. In beiden Zahlen ist E.ons illegaler Kraftwerksbau in Datteln nicht enthalten.

Allein auf der Grundlage dieses Zubaus, rechnet die Linksfraktion vor, könne bis Ende 2014 das letzte der noch verbleibenden sechs AKW vom Netz gehen. Flankiert werden soll das Ganze natürlich mit einem weiteren Ausbau der Erneuerbaren, mit der gezielten Schaffung von Ersatzarbeitsplätzen an den AKW-Standorten und mit sozialverträglichen Stromtarifen sowie dem Verbot, privaten Haushalten den Strom zu sperren.

Außerdem sollen die großen Stromkonzerne entmachtet werden. Die Netze will die Linke in die öffentliche Hand überführen, die Versorgung kommunalisieren und sogenannte Energiegenossenschaften fördern. Und um ein wenig demokratische Kontrolle über diesen wesentlichen Bereich der Daseinsvorsorge und des Wirtschaftslebens zu schaffen, sollen auf allen Ebenen Beiräte aus Vertretern von Gewerkschaften, Umweltschutz- sowie Verbraucherverbänden geschaffen werden, die ein wirksames Mitspracherecht bekommen. Letzteres wäre sicherlich ein wichtiger Anfang, aber noch besser wäre es, zumindest einen Teil dieser Beiräte direkt zu wählen.