CCS-Gesetz verschoben

Unionsfraktion bekommt kalte Füße wegen Gesetz über die Einlagerung von CO2

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Eigentlich hätte am Freitag der Entwurf des "Gesetz zur Regelung von Abscheidung, Transport und dauerhafter Speicherung von Kohlendioxid" in zweiter und dritter Lesung durch den Bundestag gebracht werden sollen, doch am Dienstag hat die CDU/CSU-Fraktion beschlossen, die Abstimmung zu vertragen. Vermutlich wird sie nun in der letzten Sitzungswoche der Legislaturperiode stattfinden, womit unklar ist, ob der Bundesrat noch vor den Bundestagswahlen sein Votum abgeben kann.

Dabei hatte die große Koalition eigentlich in aller Eile und im Auftrag der Energiewirtschaft noch vor den Wahlen im September vollendete Tatsachen schaffen wollen. (Siehe Undemokratische Eile) Das Gesetz soll den gesetzlichen Rahmen für die bisher noch unerprobte so genannte CCS-Technik schaffen, mit der Kohlendioxid (CO2) in den Kraftwerken abgetrennt verflüssigt und in unterirdischen Lagerstätten deponiert werden soll. Über etwaige Gefahren, wie Vergiftung des Grundwassers, Austritt an der Oberfläche und ähnliches, ist bisher erst wenig bekannt. Dennoch sieht der Entwurf eine Beschränkung der Haftung für die Betreiber der CO2-Lager vor. 30 Jahre nach der letzten Befüllung können diese in die Zuständigkeit der jeweiligen Bundesländer abgegeben werden.

Für die potenziell Betroffenen sind das genug Gründe, auf die Barrikaden zu gehen. Im Norden der Republik, in Nordfriesland und im Landkreis Flensburg sind die Menschen empört, dass ihre von Landwirtschaft und Tourismus geprägte Region von RWE-Dea zum bevorzugten Revier für die Einlagerung erkoren wurde. Das Unternehmen plant unweit der dänischen Grenze Erkundungen und auf den Dörfern finden Protestveranstaltungen in übervollen Sälen statt. Der Korrespondent des stockkonservativen Flensburger Tageblatt kann sich gar nicht vorstellen, dass in der aufgeheizten Stimmung die umfangreichen geophysikalischen Untersuchungen ohne Sabotage über die Bühne gehen.

Der Bauernverband protestierte, örtliche Bundestagsabgeordnete von CDU und SPD wachten auf und auch die FDP entdeckte mit einem Mal ihr Herz für die Umwelt – während die schleswig-holsteinische FDP-Bundestagsabgeordnete Christel Happach-Kasan in Berlin zu den eifrigsten Befürwortern des Gesetzes gehörte. Der Südschleswigsche Wählerverband hatte schon mehrfach im Kieler Landtag gegen das Vorhaben Stellung genommen, und einige Stunden bevor dieser über einen SSW-Antrag abstimmte, mit dem die Landesregierung zum Nein im Bundesrat aufgefordert wurde, knickte schließlich auch der Kohle-Fan und schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter-Harry Carstensen ein.

Aber der Widerstand der Schleswig-Holsteiner ist sicherlich nur ein Teil der Erklärung. Auch im südlichen Brandenburg, wo Vattenfall ähnliche Pläne hegt, erhitzen sich die Gemüter. Schließlich hat sich in den letzten Wochen immer mehr herum gesprochen, was da in aller Stille und Eile durch das Parlament gebracht werden soll. Zuletzt hatte sich auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer mit einem Brief an seine Parlamentskollegen gewandt, und die ungewohnte Eile des Gesetzgebungsverfahrens kritisiert. Dafür gebe es auch dann keinen Grund, wenn man die Technologie für unbedenklich halte.