China: Warnung vor Kontaktversuchen
Deutscher Geheimdienst wirft chinesischen Kollegen vor, über Linkedln und andere Netzwerke hiesige Institutionen beeinflussen zu wollen
Das Bundesamt für Verfassungsschutz warnt vor den Aktivitäten chinesischer Geheimdienste in sozialen Netzwerken. Vor allem Linkedln würde genutzt, um gezielt Bundesbürger anzusprechen. In über 10.000 Fällen sei es zum Versuch der Kontaktaufnahme gekommen.
Breit angelegte Infiltration
Chinesische Schlapphüte würden sich als Angehörige von Headhunting-Agenturen, Consulting-Firmen und Thinktanks oder als Wissenschaftler ausgeben. Der deutsche Inlandsgeheimdienst sieht einen "breit angelegten Versuch der Infiltration speziell von Parlamenten, Ministerien und Behörden".
Als Beweis werden eine Reihe von Profilen genannt, die zu Beginn der Woche von Linkedln gelöscht wurden. Nachprüfbar sind die Vorwürfe also nur bedingt. Andererseits erscheinen sie nicht unplausibel, zumal es aus anderen Ländern Hinweise auf handfeste chinesische Einflussnahme gibt. Allerdings stellt sich auch die Frage nach den Aktivitäten des deutschen Auslandsgeheimdienstes.
Der wird sich vermutlich seinerseits nicht mit dem Lesen fremdsprachiger Zeitungen begnügen. Man könnte auch sagen, Spionage gehört zum zwischenstaatlichen Geschäft und ist selbst unter Verbündeten nicht unüblich, wie der NSA-Abhörskandal gezeigt hat. Und über die Unterstützung von gewalttätigen Staatsstreichen, die bei den Vertretern westlicher Werte so beliebt ist, ist seitens der Regierung in Beijing (Peking) bisher nichts bekannt.
Global Times: "Feindliche Mentalität"
Die Reaktionen aus China auf die deutschen Vorwürfe kamen indes prompt und sind wenig überraschend. Die Global Times , internationales Sprachrohr der chinesischen Regierungspartei, sieht eine "feindliche Mentalität", die aus den Anschuldigungen spreche. Diese werde Chinas Entwicklung nicht aufhalten, könnte aber westliche Geschäftsinteressen beschädigen.
Es seien die USA, die seit Jahrzehnten überall "Farbrevolutionen" angestoßen haben und jetzt aus dem Gefühl der Schuld heraus paranoid wären. In der Washington Post hatte am Montag ein Kommentar vor einer chinesischen Einflusskampagne in den USA gewarnt.
Unterm Strich bleibt wohl festzuhalten, dass von gegenseitiger Spionage auszugehen ist und dass zudem Nachrichtendienste mit ihren Veröffentlichungen Politik machen. Die Motive hierfür können vielfältig und unter anderem auch nur organisations-egoistisch sein.
Sicher ist jedenfalls, dass sich das internationale Gefüge durch den ökonomischen Aufstieg Chinas erheblich verschiebt. Die NATO-Staaten sind bisher mental nicht darauf vorbereitet, künftig nicht mehr global nach eigenem Gusto schalten und walten zu können.
Dass das chinesische Regierungssystem alles andere als demokratisch ist, ist dabei unbenommen. Allerdings ist das bisher für Berlin oder Washington in den seltensten Fällen ein Kriterium für Zusammenarbeit mit anderen Staaten gewesen.