Christdemokrat verteidigt seine Forderung, Linke "auszuräuchern"
Debatte um Facebook-Kommentar von CDU-Politiker Stefan Evers in Berlin, in dem die Sprache der Nazis übernommen wurde
Aufregung herrscht in Berlin um ein Facebook-Posting des lokalen CDU-Generalsekretärs Stefan Evers. Nach einem Angriff auf Polizisten nahe eines umkämpften Hauses in der linksdominierten Rigaer Straße im Ostberliner Bezirk Friedrichshain bezeichnete der Christdemokrat die Bewohner des Objektes als "widerliches Pack", um dann recht konkret zu werden: "Ich hoffe, der Innensenator erwacht endlich aus seinem politischen Koma und räuchert dieses Nest von Linksfaschisten aus!"
Nach heftiger Kritik von Usern an dieser Wortwahl ergänzte Evers sein Posting wenige Stunden später um die Formulierung "mit allen Mitteln des Rechtsstaats". Zugleich fügte er die Forderung nach einem "Aktionsplan gegen linke Gewalt" hinzu.
Der CDU-Politiker mit dem Nickname @berlingestalter reagierte auf einen Bericht der Lokalpresse über einen Zwischenfall in der Nacht von Samstag auf Sonntag. Dabei waren Polizisten mutmaßlich gezielt von Angehörigen des autonomen Spektrums nahe der Rigaer Straße 94 angegriffen worden. Polizei und konservative Medien sprachen später von einem "Hinterhalt", in den die Polizisten gelockt worden seien.
Was Evers aber ausließ: Die angespannte Situation ist auch ein Ergebnis der CDU-Politik. Noch unter der Großen Koalition in der Hauptstadt ließ der damalige Innensenator Frank Henkel im vergangenen Sommer die Rigaer Straße von einem Großaufgebot der Polizei räumen. Später stellte sich heraus, dass der staatliche Angriff auf das Haus und seine Bewohner illegal war. Der amtierende SPD-Innensenator Andreas Geisel (SPD) und andere Vertreter der rot-rot-grünen Koalition verteidigen daher eine Deeskalationspolitik im Streit um das Hausprojekt.
Evers indes verteidigte seine Wortwahl. Die Formulierung "ausräuchern" kommentierte er nach aufkommender Kritik ironisch mit der Verlinkung eines Online-Shops für Räucherstäbchen. Gegenüber der "tageszeitung" (taz) rechtfertigte sich der CDU-Politiker: Er packe seine Wut über den Angriff auf Polizisten "nicht in Samthandschuhe".
Eine Provinzposse, könnte man denken, wenn die Wortwahl des Christdemokraten nicht mehr erkennen ließe. Die Kritik an "Linksfaschisten" kommt gemeinhin aus dem Lager der AfD und der neuen Rechten, so etwa der Identitären Bewegung. Eigentlich müßig zu ergänzen, dass der Begriff politikwissenschaftlich Humbug ist. Auch das "widerliche Gesindel" könnte aus der Feder alter oder neuer Nazis stammen.
Für die Forderung nach dem "Ausräuchern" lässt sich der rechtsextremistische Ursprung direkt belegen. "Schädlinge o.ä. mithilfe von Rauch oder Gas vertreiben oder vernichten", definiert der Duden. Und die "taz" erinnerte an NS-Propagandaminister Joseph Goebbels, der 1930 nach einer Nazi-Aktion gegen die Aufführung des Antikriegsfilms "Im Westen nichts Neues" im Berlin-Schöneberg sagte: "Wir werden einst Deutschland ausräuchern, wie wir neulich das Kino ausgeräuchert haben." Gleiches sah er für "Juden und Marxisten" vor.
Ein Erfolg der neues Rechten heute ist, die politische Sprache zu enttabuisieren. In der konservativen Mitte sind dabei sichtbare Erfolge zu verzeichnen.