Eisenbahnen für Äthiopien
Afrikas am schnellsten wachsende Nation erhält ein modernes Bahnnetz
In Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba wurde am Mittwoch eine neue Eisenbahnlinie eingeweiht, die das Land ohne eigene Zugang zur Küste mit dem Hafen im Nachbarland Dschibuti verbindet, wie die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtet. Damit verkürze sich die Fahrtzeit zwischen Dschibuti und Addis Abeba von sieben Tagen, die die meisten Güter bisher auf der Straße haben zurücklegen müssen, auf lediglich zehn Stunden. Die von chinesischen Unternehmen gebaute, gut 750 Kilometer lange und elektrifizierte Verbindung ist für maximale Geschwindigkeiten von 120 Kilometern in der Stunde ausgelegt.
Die neue Eisenbahn ist Teil eines Modernisierungsprogramm der Regierung und ersetzt eine alte, zuletzt kaum noch genutzte Trasse, die Anfang des 20. Jahrhunderts gelegt worden war. Kriege, Aufstände und Vernachlässigung hatten ihr insbesondere seit den 1970ern stark zugesetzt. Seit 2008 hat es keinen durchgehenden Zug auf dieser mit Diesel- und früher auch Dampfloks betriebenen Strecke mehr gegeben.
Die alte Eisenbahn war rund hundert Jahre lang die einzige des Landes. Seit Juni 2015 fährt, wie seinerzeit berichtet, in Addis Abeba jedoch die erste moderne Stadtbahn südlich der Sahara. Außerdem sind zwei weitere Eisenbahnstrecken im Bau. Ein türkisches Konsortium treibt vom Norden des Landes, aus der Nähe der eritreischen Grenze eine 375 Kilometer lange Trasse voran, die in der Stadt Awash an die gerade eröffnete Linie anschließen wird.
Seit dem letzten Jahr wird auch an der Erschließung des Landeswestens gearbeitet, die mit einer knapp 440 Kilometer langen Eisenbahnverbindung von Addis Abeba nach Bedele erfolgen soll. Die Stadt liegt nahe der Grenze zum Südsudan. Längerfristig wird bereits diskutiert, die Eisenbahn in das ebenfalls vom Meer abgeschnittene Nachbarland weiter zu bauen.
Von den neuen Eisenbahnen erhofft sich die Regierung einen weiteren Schub für die wirtschaftliche Entwicklung Äthiopiens. Dessen Bruttosozialprodukt hat sich in den letzten Jahren in großen Sprüngen entwickelt. Seit 2006 hat es sich auf 61,54 Milliarden US-Dollar vervierfacht. Allerdings geht der Fortschritt, wie so oft mit Unterdrückung und Vertreibung einher.
Die Webseite slow food berichtet, dass für die Ausdehnung der Hauptstadt Addis Abeba in das ländliche Umland viele Bauern weichen müssen. In diesem Zusammenhang habe es bei religiösen Feierlichkeiten – Äthiopien ist seit dem Altertum überwiegend christlich – Proteste in Bishoftu (Debre Zeyit), 40 Kilometer südöstlich von Addis Abeba gegeben.
Als regierungsnahe Sprecher am Reden gehindert wurden, sei die Polizei gewaltsam gegen die Menge vorgegangen, was zu einer folgenschweren Massenpanik führte, in der Menschen totgetreten wurden und von einer Klippe stürzten (Mindestens 52 Tote bei Oromo-Veranstaltung). Nach einer Meldung der Nachrichtenagentur AP kam es auch am Montag in der Stadt zu weiteren Zusammenstößen zwischen protestierenden auf der einen und Polizei und Militär auf der anderen Seite.