Exoplanetares Unikum mit flüssigem Wasser
NASA-Astronomen finden Felsenplaneten in habitabler Zone, der erdgroß ist und auf seiner Oberfläche womöglich flüssiges Wasser hat – und der von SETI-Radioastronomen belauscht wurde
Astro- und Exobiologen, insbesondere Planetenjäger lieben felsige und erdähnliche Welten außerhalb des Sonnensystems, die in habitablen Zone liegen, mithin den richtigen Abstand zu ihrer solaren Heimatwelt haben. Innerhalb eines solchen Grüngürtels kann ein Planet mit Leichtigkeit Wasser im flüssigen Aggregatzustand konservieren. Liegt etwa ein Felsenplanet in der Ökosphäre seines Sternsystems, also just in dem Bereich, der das Entstehen von flüssigem Wasser begünstigt, sind die Aussichten für die Ausbildung von biologischem Leben geradezu ideal.
Etwas größer als die Erde
Unter den annährend bislang detektierten und bestätigten 1800 Exoplaneten sind 100 annähernd erdgroße und nur 20 Sterntrabanten katalogisiert, die in einer bewohnbaren Zone ihres jeweiligen Systems liegen. Allerdings sind all diese Welten ausnahmslos größer als die Erde. Aber von keinem Exoplaneten ist bekannt, ob er ein Gas- oder Felsenplanet ist.
Einen neuen Planeten, der anders ist als die Anderen, haben NASA-Astronomen unlängst in der Flut der Daten gefunden, die das Weltraumobservatorium Kepler von 2009 bis 2013 gesammelt hat. "Das ist definitiv der erste erdgroße Planet in einer habitablen Zone, der einen anderen Stern umkreist", freut sich Elisa Quintana vom SETI Institut beim NASA Ames Research Center in Kalifornien. Quintana ist die federführende Autorin des heute erschienenen Science-Artikels "An Earth-sized Planet in the Habitable Zone of a Cool Star", in dem ein Wissenschaftlerteam über die aktuelle Entdeckung berichtet.
Kepler-186f, so die Katalognummer der neuen Welt, ist der fünfte bislang bekannte Planet, der den von der Erde 490 Lichtjahre entfernten Zwergstern Kepler-186 umkreist. Mit einem Erdradius von 1,1 ist sein planetarer Begleiter nur geringfügig größer als unsere Heimatwelt.
Infolge seiner Größe wird er nach Ansicht der Forscher höchstwahrscheinlich eine Atmosphäre aus Wasserstoff und Helium gebildet haben. „Daher besteht hier eine hervorragende Chance, dass dort eine felsige Oberfläche wie auf der Erde existiert“, glaubt der US-Astronom Stephen Kane von der San Francisco State University in Kalifornien.
Am Rande der habitablen Zone
Entdeckt wurde die Welt von dem NASA-Weltraumteleskop Kepler mit der Transit-Methode, bei der die Helligkeitsschwankungen eines anvisierten Sterns gemessen werden. Passiert ein dort beheimateter Exoplanet die Sichtlinie des Muttersterns, lassen sich minimale Helligkeitsschwankungen registrieren, die für die Dauer des Transits um winzige Bruchteile abnehmen. Je nach Größe, Masse und Form des jeweiligen Objekts fällt der Amplitudenabfall in der Lichtkurve unterschiedlich aus.
Der Planet befindet sich am äußersten Ende der habitablen Zone, in einem Bereich seines Sonnensystems, wo flüssiges Wasser normalerweise gefriert. "Allerdings ist der Planet auch etwas größer als die Erde. Deshalb ist unsere Hoffnung, dass aus diesem Grund auf Kepler-186f eine dickere Atmosphäre entstanden ist, die einen besonderen Schutz bietet", so Kane. Eine solche könnte die Oberfläche warm genug halten, damit dort flüssiges Wasser konservierbar ist.
Solare Unterschiede
Obwohl der neue Exoplanet der Erde ähnelt, unterscheidet sich sein Heimatgestirn von unserer Sonne erheblich. Schließlich ist Kepler-186 ein so genannter M-Zwergstern. Diese auch als "Rote Zwerge" bekannten Sterne stellen schätzungsweise 70 Prozent aller Sonnen in der Milchstraße und gefallen sich darin, infrarotes Licht auszusenden. Sie sind allesamt kleiner als die Sonne und im Durchschnitt kühler – werden dafür aber weitaus älter. Wegen ihres niedrigen Energieverbrauchs erreichen diese astralen Dauerbrenner je nach Masse ein Alter von 50 Milliarden bis 50 Billionen Jahre.
Ihr großer Nachteil besteht gleichwohl in ihrer Aktivität. Nicht zuletzt aufgrund ihrer hohen Radioaktivität gelten M-Zwerge als äußerst lebensfeindlich. Gäbe es ein Ranking für die im Produzieren von Sonnenflares effektivsten Sterne, gebührte dieser stellaren Klasse fraglos der Spitzenplatz. Einen Spitzenwert erreicht insbesondere die von solchen Gebilden emittierte UV-B- und Röntgenstrahlung.
Leben theoretisch denkbar
Dass in der Nähe solcher Lichtquellen biologisches Leben kaum eine Überlebenschance hat, liegt auf der Hand. Das Strahlenbombardement würde die Entfaltung von komplexen DNA-Molekülen glattweg verhindern. Nur erdähnliche Planeten, die über eine gut funktionierende Atmosphäre und somit über ein effektives Schutzschild verfügen, könnten solare Eruptionen solchen Ausmaßes abhalten. Der neu entdeckte Planet Kepler-186f könnte eine solche Welt sein.
Auf einem Exoplaneten um einen M-Zwergstern könnte theoretisch Leben gedeihen, wenn die Heimatsonne ihre produktivste bzw. aktivste Zeit – in den ersten Milliarden Jahren – hinter sich gebracht hat. Ist das strahlenreiche Feuerwerk beendet, setzt sich der Stern zur Ruhe und spendet dabei erstmals Wärme und Energie in einer Intensität, welche die Entfaltung von organischem Leben – selbst auf Infrarotbasis – ermöglicht.
SETI-Forscher horchten Kepler-186f bereits ab
Für die SETI-Forscher, die seit 1960 in mehr als 120 verschiedenen Projekten nach eintreffenden intelligenten Funk- und vereinzelt auch Lasersignalen Ausschau halten, kommt der Fund gerade zur rechten Zeit, horchen sie doch bereits seit 2012 die Kepler-Kandidaten mit dem Allen Telescope Array ab.
Eines ihrer Zielobjekte war Kepler-186f, der in dem Frequenzbereich von einem bis zehn GHz belauscht wurde – ohne Resultat. Angesichts der neuen Daten planen die SETI-Macher jedoch weitere Observationen des Kepler-186-Systems.
Für Elisa Quintana vom SETI-Institut in Kalifornien ist der 490 Lichtjahre entfernte extrasolare Planet Kepler-186f gleichwohl zu lichtschwach, um seine Atmosphäre im Rahmen von Nachfolgebeobachtungen analysieren zu können. "Allerdings sagen uns die bisherigen Observationen, dass wir Planeten um helle Sterne finden werden, die ideale Ziele für das James Webb Teleskop sein werden."
Wenn der Hubble-Nachfolger in einigen Jahren im Orbit ist, werde man andere Planeten um erdnahe Zwergsterne fotografieren und mittels der Spektralanalyse die chemische Zusammensetzung der dortigen Atmosphären bestimmen können. Kepler-186f zu finden, sei der erste Schritt gewesen, so Quintana. "Aber es ist kein Rekord, den wir halten wollen. Wir wollen mehr davon finden."