Frankreich: Grenze zu Italien bei Menton faktisch wiedererrichtet

Entgegen dem Schengener Abkommen führt Frankreich scharfe Grenzkontrollen durch, weil man keinen Flüchtlingsstrom aus Nordafrika will

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Frankreich hat bei Menton die Grenze zu Italien faktisch wieder errichtet - im Widerspruch zum Schengener Abkommen, das solches untersagt -, um den Einreisestrom aus Richtung Ventimiglia aufzuhalten. Franzöische Polizisten führen in Zügen, auf den Straßen und auf Fußpfaden strenge Kontrollen durch und sollen nach Angaben italienischer Behörden 700 Migranten festgenommen und wieder nach Italien zurückgeschickt haben.

Laut französischen Medienberichten, die von illegalen Einwandern schreiben, handelt es sich vor allem um Flüchtlinge aus Tunesien, die von den italienischen Behörden mit einer befristeten Aufenthaltsgenehmigung ausgestattet wurden, die ihnen das Reisen innerhalb der Ländern des Schengener Abkommens erlaubt.

Darüber hat sich nun ein Streit zwischen den Nachbarländern entfacht, denn der französische Innenminister Claude Guéant will das Papier nicht anerkennen. Er wolle "keine Einwanderungswelle", so Guéant, der gerade mit dem Einwanderungsthema sein Profil schärft und die legale Einwanderung bremsen will. Frankreich fordere mehr als die von italienischen Behörden erstellte Aufenthaltsgenehmigung, konterte Guéant. In einem Rundschreiben an die Präfekturen forderte er Identitätsausweise, den Nachweis finanzieller Mittel - die Mindestsumme ist pro Person und Tag des Aufenthalts mit mit 31 Euro, falls es ein gebuchtes Hotelzimmer nachgewiesen werden kann, ansonsten 62 Euro angegeben -, sowie eine Erklärung zum Ziel der Reise. Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt seien, habe Frankreich alles Recht, die Einreisenden aus Italien zurückzuschicken.

In der Praxis gehen die Polizisten bei den Kontrollen sehr eifrig, hart und mit einigen Tricks vor , wie das der Nouvel Observateur beschreibt. So werde manches Ausweispapier als "nicht echt" bewertet, manchmal soll beim Knittern des Dokuments auch etwas nachgeholfen werden und Bankkarten nicht anerkannt, falls nicht genügend Bargeld vorgezeigt werde. Manchmal würden Bankkarten als "fiktiv" erklärt.

Aus Sicht der EU verstößt die Grenze bei Menton ganz klar gegen das Schengener Abkommen. Laut der EU-Kommissarin für Inneres, Cecilia Malmstrom, darf es keine Grenzkontrollen mehr geben, außer wenn die innere Sicherheit erntshaft bedroht sei, das sei aber im Moment nicht der Fall.

"There are no borders so they can't, you are not allowed to do checks at the border unless there is a serious threat to public security, and for the moment that is not the case."

Der italienische Außenminister hatte Frankreich vorgeworfen, dass dessen Ablehnung der Einwanderer vom Gewicht des Front National beeinflusst sei, vor allem da Marine Le Pen in Umfragen sehr gut abschneide.

Beim heutigen Treffen der beiden Innenminister der Länder setzte man dagegen auf freundschaftlichere Töne. Was die Erklärung konkret bedeutet, die Claude Guéant nach dem Treffen abgab, ist noch vage (von gemeinsame Patrouillen in der Nähe Tunesiens ist die Rede). Deutlich wird nur, dass daraus bestimmt keine Verbesserung für die Flüchtlinge erfolgt:

"Weder Italien noch Frankreich haben die Aufgabe, tunesische Einwanderer aufzunehmen."