Hamburger Morgenpost verweigert Abdruck von Olaf Scholz mit Stoppelbart und Augenklappe

Die speziell für die Zeitung gefertigte Anzeige der Piratenpartei wollte den nach Umfragen praktisch schon feststehenden Wahlausgang thematisieren

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Meinungsforschern zufolge steht mit dem SPD-Kandidaten Olaf Scholz der Sieger der Hamburger Wahl bereits fest. Offen ist lediglich noch die Frage, ob er alleine regieren kann oder die Grünen mit ins Boot nehmen muss. Angesichts dieser Situation entwarf die Piratenpartei in der Hansestadt eine Werbeanzeige, auf der ein von der SPD Schleswig-Holstein unter Creative-Commons-Lizenz freigegebenes Foto von Olaf Scholz mit erkennbar aufgemalten Bartstoppeln und einer Augenklappe verziert zu sehen ist. Rechts daneben steht der Text: "Da sie schon wissen, wer Hamburgs nächster Bürgermeister wird, sollten Sie die richtige Opposition wählen".

Dieses Anzeigemotiv hatte die Piratenpartei für die Boulevardzeitung Hamburger Morgenpost maßgeschneidert. Die jedoch weigerte sich, sie trotz Bezahlung abzudrucken. Begründet wurde die Absage damit, dass mit ihr "Persönlichkeitsrechte des Kandidaten Olaf Scholz beschädigt" würden. Eine Erklärung, die insofern auf Befremden stieß, als Scholz fraglos eine Person des öffentlichen Lebens ist, also einer Gruppe angehört, die es bewusst in Kauf nimmt, dass Bilder von ihr weitaus umfassender verwendet werden dürfen als solche von Normalbürgern. Allerdings gibt es in der Hansestadt zu diesem Bereich eine Rechtsprechung, die sich sehr stark von der des BGH unterscheidet. Die Piratenpartei bot der Zeitung deshalb an, eventuelle finanziellen Risiken übernehmen zu wollen, worauf die Morgenpost jedoch nicht einging.

Bis zur Scholz-Anzeige hatten die Hamburger Piraten eher mit dem Vorwurf zu kämpfen, dass ihr Wahlkampf im Vergleich mit dem der Titanic-Partei und deren ausgesprochen unterhaltsamen Spitzenkandidaten Mathias Halfpape alias Heinz Strunk zu bieder sei. Der Buchautor und Radiomoderator parodierte mit dem Wahlspruch "Hamburg, Stadt im Norden" nicht nur meisterhaft die Sinnfreiheit der Slogans der etablierten Parteien, sondern zeigte auch durch Aussagen wie die, er wolle "nicht mit der Linken koalieren, insbesondere nicht mit der SPD", wie ritualhaft die politische Kultur in Deutschland mittlerweile geworden ist.