Israel nach der Wahl: Kein außenpolitischer Kurswechsel zu erwarten

Beide Blöcke, der rechtsnationale und der linke Zentrumsblock mit arabischen Parteien, erhalten 60 Sitze. Netanjahu bleibt wahrscheinlich auch in dieser Konstellation Regierungschef

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Richtig verloren hat er nicht, genausowenig wie richtig gewonnen. Die israelischen Wähler haben Netanjahu einen Dämpfer verpasst, mehr nicht, der Likudchef wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch Regierungschef bleiben, selbst wenn seine Partei, die sich mit Liebermanns Israel Beiteinu zusammengetan hatte, beinahe ein Drittel der Stimmen eingebüßt hat. Da Likud die stärkste Fraktion stellt, wird Netanjahu mit der Regierungsbildung betraut werden. Er werde eine breite Koalition zusammenstellen, so der Likudführer.

Die beiden Gewinner der gestrigen Wahl, Yair Lapid (Zukunftspartei) und Naftali Bennett (Jüdisches Haus), werden als Kandidaten für eine Koalition mit Likud-Beiteinu gehandelt. Bei dem rechtsnationalen Naftali Bennett gibt es keinen Zweifel. Aber auch bei dem Zentristen Yair Lapid spricht laut Kennern der politischen Szene vieles dafür, dass er sich einer Rechtskoalitition anschließen wird, und so gut wie nichts dagegen.

Für alle jene, die sich vom Wahlausgang in Israel frische Impulse im Konflikt zwischen Palästinensern und Israel erhofft haben, steht damit bereits fest, dass sich für die nächsten vier Jahre kein Kurswechsel andeutet. Lapid ist in dieser Frage ohne feste Position, also bereit diejenige Netanjahus zu übernehmen, und Bennett ist ein ausgewiesener Freund der Siedler.

Nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen gibt es ein Patt zwischen den Blöcken "Mitte-Links+arabische Parteien" und "Rechts+Ultraorthodoxe Parteien" - laut Haaretz kommen beide derzeit auf 60 Plätze in der Knesset. Das endgültige offizielle Ergebnis wird erst nächste Woche bekannt gegeben. Abzusehen ist, dass diese Konstellation keine Politik favorisiert, die außenpolitisch neue Wege geht.

Der Wahlkampf war von wirtschaftlichen Themen dominiert: Die Linke profitierte von den sozialen Protesten gegen die Politik Netanjahus, aber nicht genug, um sich als Kraft durchsetzen zu können. Am Weitergehen des Friedensprozesses interessierte Kommentatoren werfen der Vorsitzenden der Arbeiterpartei, Shelly Yacimovich, vor, dass sie die Gunst der Wähler nicht durch deutlichere Positionen in der Frage der Siedlungen auf ihre Seite gebracht hat.