Ist Google das neue Cisco?

US-Tech-Aktien bald so hoch bewertet wie am Höhepunkt des New-Economy-Booms

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Der enorme Sprung der Google-Aktie auf mehr als 700 Dollar am vergangenen Freitag hat Google rund 70 Milliarden Euro an Marktkapitalisierung gewinnen lassen und den Kurszuwachs seit Jahresbeginn auf 40 Prozent erhöht. Das entspricht ungefähr dem gesamten Börsenwert der Allianz-Versicherung und sorgt dafür, dass Google neben Apple nun bald zu den einzigen Unternehmen mit mehr als einer halben Billion Dollar an Börsenkapitalisierung zählen könnte – jedenfalls wenn die Analysten der Investmentabteilungen von J.P. Morgan, Bernstein Research, Nomura Research oder Jefferies and Evercore recht behalten, die ihre 12- Monats-Kursprognosen diesen Freitag auf 800 Dollar angehoben hatten, nachdem Google im letzten Quartal mit beachtlichen Umsatz- und Gewinnsteigerungen überrascht hatte.

Damit würde die Marktkapitalisierung von aktuell 470 Milliarden Dollar auf knapp 550 Milliarden Dollar angestiegen sein - nur übertroffen von Apple, das von der Börse aktuell mit 740 Milliarden Dollar bewertet wird. Bei Googles Hauptkonkurrenten im Werbegeschäft, Facebook, war der Gewinn zu Jahresbeginn hingegen um ein Fünftel eingebrochen, was an der Börse jedoch kaum zu Missfallen führte, wo Facebook seit Jahresbeginn rund 35 Prozent zulegen konnte und zuletzt mit fast 95 Dollar auf ein All-Time-High gestiegen ist.

Dadurch drängt sich zusehends die Frage auf, wie diese doch recht hohen Preise gerechtfertigt werden können. Hier ist interessant, dass dank Googles Kurssprung gleichzeitig der NASDAQ-Composite-Index, der die wichtigsten US-Technologieaktien abbildet, erstmals seit dem New-Economy-Crash vor 15 Jahren seinen Rekordstand von Anfang 2000 wieder übertreffen konnte.

Der jüngste Tagesgewinn von Google übertrifft dabei sogar knapp den bisherigen Rekordzuwachs von 66 Milliarden Dollar, den der damalige Technologie-High-Flyer Cisco Systems am 17 April 2000 hingelegt hatte. Cisco hatte (so wie Google) an diesem Tag die Wall Street mit starken Zahlen überrascht und für das abgelaufene Quartal einen Umsatz von 15 Milliarden und einen Gewinn von 2,5 Milliarden Dollar bekannt gegeben, was die Marktkapitalisierung auf 550 Milliarden Dollar gehoben hatte. Google meldet für April bis Juni hingegen einen Überschuss von 3,9 Milliarden Dollar, nach 3,35 Mrd. Dollar im Vorjahreszeitraum, wobei der Umsatz um elf Prozent auf 17,7 Milliarden Dollar erhöht wurde.

Aus Sicht der Google-Aktionäre bleibt indes zu hoffen, dass es das mit den Übereinstimmungen schon wieder gewesen ist. Denn im Zuge des Dot-com-Crashs hatte Cisco daraufhin innerhalb von zwei Jahren 90 Prozent seiner Marktkapitalisierung eingebüßt und noch heute liegt diese bei gerade einmal einem Viertel des einstigen Höchststandes. Dabei liegen die Umsätze von Cisco aktuell bei rund dem Dreifachen des damaligen Niveaus und der Gewinn beim Vierfachen.

Cisco notierte am Höhepunkt des New-Economy-Booms also zu rund dem 50-fachen seines Quartalsgewinns und Google nun fast schon ebenso, was aber kein Problem sein sollte, wie der Chef-Analyst für US-Aktien der führenden Investmentbank Morgan Stanley Adam Parker meint. Denn anders als vor dem Dot-Com-Crash handle es sich heute um Unternehmen mit realen Umsätzen und hohen Gewinnen, die die Bewertungen rechtfertigen würden.

Allerdings hatten die Börsen-Superstars Cisco, Dell, Intel, Microsoft, Lucent Technologies, Juniper Networks, Hewlett-Packard, Nortel, WorldCom and Global Crossing damals gleichfalls hohe Gewinne ausgewiesen, was die schweren Abstürze aller dieser Titel indes nicht verhindert hatte.

Jetzt hat Morgan Stanley einen eigenen “New Tech”-Index mit 16 aktuellen Technologie-High-Flyern kreiert, der unter anderem Google, Amazon, Baidu, Facebook, Saleforce.com, Netflix, Pandora, Tesla, LinkedIn, ServiceNow, Splunk, Workday, Ylep, Priceline, QLIK Technologies, Yandex. Alle zusammen hatten letzten Freitag eine Marktkapitalisierung von 1,3 Billionen Dollar erreicht und 21 Milliarden Dollar an Gewinn ausgewiesen – was sich kaum von den Bewertungen im Frühjahr 2000 unterscheidet.