Jeden Tag ein Ölunfall

Nigeria wird durch die Ölförderung gesetzloser Konzerne verheert

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"Es gibt kein billiges Öl", meint Nnimmo Bassey, Direktor der nigerianischen Organisation Environmental Rights Action. Wenn Öl in der Vergangenheit für die Verbraucher billig war, dann deshalb, weil für viele Folgekosten, die Gewalt und die Umweltzerstörungen nicht bezahlt wurden. Bassey sprach am vergangenen Wochenende am Rande des Transformationskongresses von DGB, Umweltverbänden und Kirchen mit Telepolis.

Nigeria leidet wie kaum ein anderes Land unter den Folgen der Ölförderung. Die Aufsicht über die Konzerne sei immer noch lax, so Bassey, der auch Vorsitzender von Friends of the Earth International ist. Die Regierung sei an den meisten größeren Projekten selbst beteiligt und müsste sich also selbst kontrollieren. Die Aufsichtsbehörden sind zudem unterbesetzt und schlecht ausgestattet. Das Ergebnis sind weit verbreitete Verschmutzungen durch auslaufendes Öl. Im Durchschnitt komme es pro Tag einmal irgendwo zu einem Leck.

Im Land der Ogonis, das einen Teil des ölreichen Nigerdeltas ausmacht, sei der Boden bis in fünf Metern Tiefe mit Öl verseucht, und das obwohl die Förderung dort schon seit vielen Jahren eingestellt sei. Im letzten Jahr hatte ein Bericht des Umweltprogramms der UNO (UNEP) festgestellt, dass es 30 Jahren dauern werde, das Ogoniland zu sanieren. Eine Milliarde Euro sei dafür notwendig. Die Ogonis waren in den 1990er Jahren durch ihren Kampf gegen die vom britisch-niederländischen Konzern Royal Dutch Shell verursachten Umweltzerstörungen und für eine Beteiligung an den Öleinkünften bekannt geworden. Im November 1995 hatte die seinerzeitige Militärdiktatur einen ihrer Sprecher, den Schriftseller und Journalisten Ken Saro Wiwa, hinrichten lassen.

Die Militärs sind inzwischen gestürzt, doch der Raubbau geht weiter, zum Beispiel mittels des Abfackeln von Gas. An vielen Bohrlöchern werde das mit dem Öl geförderte Gas noch immer direkt verbrannt, berichtet Bassey. Für die Unternehmen ist das offenbar günstiger, als es aufzufangen und zu verkaufen. Die Folgen für die Menschen in der Nachbarschaft sind erheblich, weshalb die Praxis bereits seit langem verboten ist. Mehrfach wurden die gesetzlichen Verbote auch von Gerichten bestätigt. Doch die Unternehmen machen einfach weiter, weil die Strafen lächerlich gering seien, so Bassey.

Oder sie würden versuchen, sich für das Unterlassen von Straftaten bezahlen zu lassen: In zwei Fällen, so Bassey, seien für die Installation der entsprechenden Infrastruktur für das Auffangen des Gases Zertifikate aus dem Clean Development Mechanism der Klimaschutzverträge beantragt worden. Diese Zertifikate könnten, sofern sie erteilt werden, auf dem EU-internen Markt für Emissionsrechte verkauft werden und würden hierzulande zusätzliche Treibhausgasemissionen erlauben, sozusagen als Belohnung dafür, dass sich die Ölkonzerne in Nigeria nach Jahrzehnten des Raubbaus ausnahmsweise einmal an die dortigen Gesetze halten.