Kapitalmärkte haken Krim-Eskalation ab

Während die Börsen zulegen, sinkt der Goldpreis nach einer Woche mit dauernden Preisanstiegen wieder

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Die Goldpreisentwicklung ist ein interessanter Indikator für die Erwartung, ob Spannungen zu einer weiteren Eskalation führen. Wenn dies erwartet wird, dann fliehen Anleger gerne aus Aktien und legen ihr Geld in sicherem Gold an. Insofern war es kein Zufall, dass in der letzten Woche der Goldpreis nur noch eine Richtung kannte, nämlich deutlich nach oben. In der vergangen Woche stieg der Preis pro Feinunze knapp unter die Marke von 1000 Euro.

Doch offenbar glauben nun die Anleger, dass vom Säbelgerassel der USA und der EU nicht viel zu halten ist und der Anschluss der Krim an Russland nach dem Referendum nun wie erwartet beschlossene Sache und wohl kaum mehr rückgängig zu machen ist. Deshalb ist der Goldpreis am Montag sogar deutlich um mehr als 1,2% und gleich 12 Euro gefallen. Allgemein wird also davon ausgegangen, dass die neuen Sanktionen eher dazu dienen, das Gesicht zu wahren. Dass die Zahlen der Abstimmung eher unglaubwürdig sind, womit man sich auf der Krim selbst ins Knie geschossen hat, ändert daran nichts.

Dass niemand derzeit eine Zuspitzung und einen möglichen Wirtschaftskrieg erwartet, konnte auch an den Börsen nachvollzogen werden. Gingen die in der vergangen Woche in die Knie, stieg der Leitindex Dax in Frankfurt um 1,4%, ähnlich sah es auch in Paris und Madrid aus. Auch der Dow-Jones-Index legt im Handelsverlauf zu, womit sich die Entwicklung am Goldmarkt bestätigt. Sogar die Risikoaufschläge für Staatsanleihen von Krisenländern wie Griechenland, Portugal, Spanien und Italien sind zum Teil deutlich gefallen. All das sagt, dass an den Kapitalmärkten niemand eine Zuspitzung erwartet, solange die Krim-Krise sich nicht in der Ukraine auf andere Regionen ausweitet, die ebenfalls ein Referendum und einen Anschluss an Russland anstreben.

Der Präsident des deutschen Außenhandelsverband (BGA) rechnet nicht mit harten wechselseitigen Wirtschaftssanktionen. "Ich bin relativ gelassen", erklärte Anton Börner." Es wird nicht zum Äußersten kommen." Er sieht weiter Raum für Verhandlungen. "Noch ist nichts Schlimmes passiert, und ich gehe auch davon aus, dass nichts passiert, dass man sich zusammensetzt und einen Weg findet."

Dass alles weiter geht wie vor dem Referendum, zeigt auch der Essener Energiekonzern RWE. Denn der wird seine Tochter Dea für 5,1 Milliarden Euro an "Letter One" und damit ausgerechnet in russische Hände verkaufen. Damit wächst die große Abhängigkeit Europas von den Rohstofflieferungen aus Moskau sogar noch weiter und zwar sogar über Ressourcen mitten in Europa. Dea fördert Öl und Gas vor allem in Deutschland, Norwegen, Großbritannien und auch in Ägypten. Auch in anderen Bereichen sind die Russen in Europa weiter auf Einkaufstour. Der russische Energiekonzern Rosneft steigt stark beim italienischen Mischkonzern Pirelli ein. Die Russen halten künftig 13% und sind damit Hauptaktionär.

Wen würde eine Eskalation härter treffen?

Könnte eine ohnehin schwer angeschlagene Euro-Zone, die weiter am Rand einer Rezession dümpelt, wie nie zuvor von Exporten abhängig ist, die Rettungserfolge wie in Irland nur über eine Geldschwemm eder Europäischen Zentralbank simuliert, tatsächlich einen Konflikt aushalten, in dem Russland den Öl- und Gashahn abdreht und die Staatsanleihen von Krisenländern verramscht? Schnell würden die Risikoaufschläge für deren Staatsanleihen wieder steigen und die Länder wieder ernsthaft in Gefahr kommen, weil sei über diese "Rettung" der Troika nur noch anfälliger geworden sind.

Ähnliches gilt aber auch für die USA, schließlich könnte auch Russland, das enorme Dollarreserven angehäuft hat, der Leitwährung schweren Schaden zufügen. Das gilt zudem für die vielen US-Staatsanleihen, die Russland angehäuft hat. Ohnehin wurde schon beobachtet, dass für 104,5 Milliarden Dollar US-Anleihen abgestoßen wurden, als die USA Sanktionen gegen Russland verhängt hatte. Die US-Notenbank (FED) hatte noch nie ein so hohes Verkaufsvolumen verzeichnet. Es gibt Indizien, dass Russland und China hinter diesen massiven Verkäufen stehen. Das kann als Warnsignal an die USA gesehen werden.

So ist auch interessant, wie US-Präsident Barack Obama zwar Einreiseverbote und Kontensperrungen gegen sieben russische Regierungsvertreter sowie vier ukrainische Politiker wie den entmachteten Präsidenten Viktor Janukowitsch verhängte, aber ansonsten nur noch vor "weiteren Provokationen" warnt: "We'll continue to make clear to Russia that further provocations will achieve nothing except to further isolate Russia and diminish its place in the world. The international community will continue to stand together to oppose any violations of Ukrainian sovereignty and territorial integrity, and continued Russia military intervention in Ukraine will only deepen Russia's diplomatic isolation and exact a greater toll on the Russia economy."

Man kann auch aus diesen Worten schon ableiten, dass man sich in Washington damit abzufinden beginnt, dass die Krim bald zu Russland gehört. Die Politik richtet sich nun darauf aus zu verhindern, dass die Ukraine weitere Gebiete verliert, weil Bevölkerungsmehrheiten nicht in einem bankrotten Staat Ukraine bleiben wollen, der viele Milliarden Euro zum Überleben braucht.

Vielen in der Ukraine ist nicht verborgen geblieben, was es heißt, "Hilfsgelder" in Höhe von 35 Milliarden zu erhalten, die der Ukraine fehlen sollen. Auch sie wissen, welche Auflagen mit Hilfskrediten in Griechenland, Portugal, Irland und Zypern… verbunden sind und wer dafür zur Kasse gebeten werden wird.