Klimakrise: Untätigkeit und Repression
Der Klimawandel ist längst da, und die Anzeichen für die sich zusammenbrauende Krise sind nicht mehr zu übersehen, aber die CDU interessiert sich vor allem fürs Militär
Und wieder gibt es neue Hitzerekorde, sodass man sich inzwischen fragen muss: Hat vielleicht nicht nur die Deutsche Bahn ein Problem mit überlasteten Klimaanlagen? Werden nicht nur Fahrgäste weichgekocht, sondern vielleicht auch die Entscheidungsträger in Berlin?
In Westeuropa purzeln mal wieder die Temperaturrekorde, in weiten Teilen Deutschlands herrschen die höchste oder die zweithöchste Warnstufe für Waldbrände, Waldbesitzer beklagen Milliarden-Verluste, in der Arktis hat sich das Meereis so weit wie nie zuvor zu dieser Jahreszeit zurückgezogen, und auf Grönlands Gletschern taut es im Rekord verdächtigen Tempo.
Und die Konsequenz? Wird vielleicht endlich mal beim Klimaschutz nachgelegt? Die Energiewende beschleunigt? Die Verkehrswende eingeleitet? Eine Umbaustrategie für die kriselnden Autokonzerne entwickelt? Tacheles über den Ernst der Lage geredet? Wie in anderen westlichen Ländern der Klimanotstand ausgerufen?
Nichts dergleichen. Im Gegenteil: Die Energiewende ist inzwischen fast ausgebremst. Der sich gerade erholenden Solarenergie droht im nächsten Jahr der Zusammenbruch, wenn die Förderhöchstgrenze erreicht wird, der Ausbau der Biogasproduktion wurde bereits vor Jahren fast ein- statt auf umweltschonendere Methoden umgestellt, und nun hat es auch die Windenergie erwischt.
Windenergie: Niedrigste Ausbaurate seit 19 Jahren
Im ersten Halbjahr 2019 wurden an Land lediglich 86 neue Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 287 Megawatt ans Netz angeschlossen. Das sei die niedrigste Ausbaurate seit Einführung des Erneuerbare-Energie-Gesetzes, also seit 19 Jahren, berichtete dieser Tage der Bundesverband Windenergie. Der Grund sind allerlei in den letzten Jahren errichtete bürokratische Hindernisse, Klagen und das neue Ausschreibungsverfahren, das den Bürgerprojekten praktisch den Garaus bereitet hat.
Die Unionsparteien ficht das alles offenbar nicht im Geringsten an, und von der SPD, jene 14-Prozent-Partei, die dem Vernehmen nach in Berlin noch mitregiert, hört man schon seit Wochen nichts mehr. Oder, sagen wir, fast nichts mehr. Ihre Umweltministerin hat zu den neuen Hitzerekorden immerhin festgestellt, dass das alles nicht mehr normal sei. Immerhin.
Militär und Klimaschutz
Derweil scheint das größte Anliegen der CDU das Militär zu sein. In Brüssel kann man endlich, nachdem die Briten es vorziehen, sich von einem Clown regieren zu lassen, eine deutsche Kommissionspräsidentin durchsetzen, deren vornehmstes Anliegen die Schaffung einer EU-Armee ist, und die neue Verteidigungsministerin und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer lässt wissen, dass sie die Bundeswehr in der Gesellschaft "sichtbarer machen", diese also ein wenig militarisieren wolle. Nicht einmal eine Beteiligung an Trumps Kriegstreiberei gegen den Iran mochte sie ausschließen.
Was das mit Klimaschutz zu tun hat? Nun, zum einen könnten die zwei Prozent des Bruttonationaleinkommens, immerhin rund 67 Milliarden Euro, die AKK für Militär und Rüstung ausgeben will, sicherlich angesichts der galoppierenden Klimakrise besser investiert werden. Mal davon abgesehen, dass es dem Weltfrieden sicherlich besser täte, wenn die NATO-Staaten eine Initiative zur Abrüstung und Vertrauensbildung mit China und Russland starten würden, mit dem Ziel, diese global auszuweiten.
Aber derlei seht offensichtlich nicht auf dem Programm. Statt dessen zetert man bei der Union zwar gerne und schwadroniert vom Verlust der Freiheit, wenn die grassierende Rücksichtslosigkeit im Straßenverkehr eingeschränkt werden soll.
Gleichzeitig bereitet man sich aber darauf vor, die sich aus der Klima- und diversen anderen Krisen sowie den langfristigen geostrategischen Verschiebungen entwickelnden Konflikte militärisch zu lösen. Konfrontation statt Kooperation. Wie im Hambacher Forst, so in der Weltpolitik. Eine Politik, die unweigerlich verstärkte Repression im Innern nach sich ziehen wird.