Kopenhagen endet mit Armutszeugnis
Fast zwei Wochen haben über 190 Staaten über ein neues Klimabkommen verhandelt. Heraus kam ein "zur Kenntnis genommener Minimalkonsens"
Die Klimakonferenz in Kopenhagen ist mit einem unverbindlichen Kompromissvorschlag am Samtagmittag zu Ende gegangen. Damit ist die 2007 beschlossene Bali-Road-Map so gut wie gescheitert. Ziel war es, in Kopenhagen ein verbindliches Klimaabkommen für die Zeit nach 2012 auf den Weg zu bringen.
Um 9 Uhr am Samstagmorgen hatte Klimakonferenz-Präsident Lars Løkke Rasmussen nach einer erfolglosen Nacht die Verhandlungen unterbrochen. Der dänische Staatschef kündigte an, die Leitung abgeben zu wollen. Einige Länder hatten seine Konferenzleitung kritisiert.
Nach einer Pause einigten sich die Delegierten darauf, die Abschlusserklärung als Kompromissvorschlag in die nächste Verhandlungsrunde zu tragen - die nächste Klimakonferenz findet 2010 in Mexiko statt. Offiziel hieß es, der umstrittene Entwurf, um den die über 190 Staaten eine ganze Nacht erfolglos gerungen hatten, sei nun "zur Kenntnis genommen worden". Doch das bedeutet weder, dass der ohnehin sehr schwache Entwurf angenommen ist, noch dass es irgendwelche Verpflichtungen gibt. Nur rund 30 Staaten, die ihn auch mit ausgearbeitet haben, wollen den "Copenhagen Accord" auch wirklich unterzeichnen, erklärte der Presssprecher von Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon am Samstag in Kopenhagen.
Zufrieden war schon am Freitag niemand: Das Abkommen sei ein wichtiger Schritt nach vorne, sagte etwa die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Gewünscht hätte man sich allerdings mehr. Gegenüber der Presse sagte sie, der erreichte Minimalkonsens löse bei ihr "gemischte Gefühle" aus. Sie sei zwar nicht glücklich damit, aber das Papier sei besser als ein Scheitern des Gipfels. Ähnlich müde äußerten sich am Freitag auch Frederik Reinfeldt und José Manuel Barroso für die Europäische Union.
Allein der UNO-Generalsekretär sprach über einen "Erfolg" in Kopenhagen: "Wir haben den Deal endlich besiegelt", so Ban. Es sei zwar nicht alles verwirklicht, was man gehofft hatte, aber immerhin sei ein "wichtiger Anfang" gemacht. In den nächsten Wochen und Monaten müsse der Copenhagen Accord in ein bindendes neues Abkommen überführt werden: "Es braucht mehr, um den Klimawandel beherrschbar zu halten", so der UN-Generalsekretär.
Am Rande des Verhandlungsmarathons war es Freitagnacht wieder zu Protesten gekommen. Während im Bella-Center die ersten Kommentare zum "Copenhagen Accord" in die Kameras gesprochen wurden, sammelten sich die Aktivisten an der Metro-Station vor dem Konferenzgelände.
Über SMS-Verteiler wurde zu einer "Rapid-Response-Aktion" aufgerufen. Die Botschaft ist klar: "Climate Shame", ein Abkommen, das den Aktivisten die Scham ins Gesicht treibt. Mehrere hundert Protestler standen stundenlang in der kalten Dezembernacht. "Für viele ist in diesen Tagen noch deutlicher geworden, dass gerechte Klimapolitik nur gegen diese Regierungen und die Konzern-Lobbyisten gemacht werden kann. Sie sind das Problem, nicht die Lösung", meint Philip Pauls von Climate Justice Action. Das Netzwerk hatte die Proteste rund um den Gipfel mitorganisiert.