Menschenflut für Flüchtlinge in Barcelona
"Keine Ausreden mehr, Aufnahme jetzt" war das Motto, unter dem bis zu 500.000 Menschen demonstriert haben
Es dürfte die bisher größte Demonstration in Europa für die "Aufnahme von Flüchtlingen und für offene Grenzen" gewesen sein. Die Zahlen gehen zwar auseinander, doch sie bleiben hoch. Nach Angaben der Polizei haben 160.000 und nach Angaben der Veranstalter etwa eine halbe Millionen Menschen am Samstag die katalanische Metropole Barcelona überflutet.
Organisiert hatte den riesigen Marsch die Initiative "Casa Nostra, casa vostra" (Unser Haus ist euer Haus), hinter der katalanische Jugendliche stehen, die Flüchtlinge aufnehmen wollen. "Wir wollen, dass sie sich hier zu Hause fühlen, um den erlittenen Schmerz zu vergessen", erklärte Meera M. Zaroor der Menge, die selbst vor drei Jahren aus Syrien nach Katalonien geflüchtet war.
Wie sie wollte auch der junge Ruben Wagensberg nicht länger zuschauen, wie sich das Mittelmeer in ein Massengrab verwandelt, weshalb er sich der Initiative angeschlossen hat. Die erinnert daran, dass allein im Laufe dieses Jahres mindestens 200 Menschen ihr Leben beim Versuch verloren haben, Europa über das Mittelmeer zu erreichen. "Wir müssen einen Sozialpakt schnüren, um Flüchtlinge aufzunehmen", erklärte Wagensberg.
Der Koordinator der Gruppe ist stolz, dass er und seine Freunde die "größte Demonstration in Europa für die Rechte der Flüchtlinge" organisiert hätten. Es gehe um drei Ziele, sagte er: Von Madrid und Brüssel zu fordern, Mechanismen zu schaffen, um Menschen aufzunehmen, die Unterstützung derer zu sichern, die schon angekommen sind und der "fremdenfeindliche Welle" zu begegnen, die derzeit durch Europa spüle.
Die solidarische "marea azul" (blaue Flut) wälzte sich ihrerseits in festlicher Stimmung durch die Stadt hinunter zum Strand Barceloneta. Bewaffnet waren die Menschen mit blauen Spruchbändern, Schildern und katalanischen Fahnen. "Keine Toten mehr" oder "Nicht Wohltätigkeit, sondern Solidarität" stand darauf. Am Strand wurde die blaue Flut von einem Rettungsschiff der Rettungsorganisation "Open Arms" empfangen. Der Präsident der Nichtregierungsorganisation Òscar Camps erklärte: "Heute haben die Menschen gesprochen, denn bisher haben es nur die Politiker getan, um sich zu rechtfertigen."
An der überparteilichen Initiative haben sich auch viele katalanische Politiker beteiligt. Dabei war auch die Bürgermeisterin Ada Colau. Die frühere Aktivistin gegen Zwangsräumungen kämpft seit langem dafür, dass Spanien endlich die Verpflichtungen einhält, die es im Rahmen der europäischen Umverteilung eingegangen ist, auch um Griechenland und Italien zu entlasten.
Statt mehr als 17.000 Flüchtlinge zu übernehmen, kamen bisher in Spanien nur etwa 400 an.
Allein Barcelona und Katalonien halten aber seit einem Jahr 4000 Plätze vor, doch die konservative Regierung in Spanien blockiert. "Barcelona ist erneut die Hauptstadt der Solidarität und der Verpflichtung, Frieden und Menschenrechte zu verteidigen", sagte Colau. Carme Forcadell, die Präsidentin des katalanischen Parlaments, kritisierte die die "unheilvolle" Politik in Madrid und Brüssel. Sie hofft, dass die Demonstration dazu diene, dass auch "andere Städte und Länder" aufstehen, um diese Politik zu verändern, die dem "Geist der EU" widerspreche.