ORBIS - Wirklich mediterran

Neben der Spur

Karten mit römischen Reisewegen kann jeder, aber ein kleines Feature lässt dann doch das entsprechend antike Reisefeeling aufkommen

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An Pfingsten steht man zum Beispiel zwei Stunden vor dem Gotthard-Tunnel und ärgert sich blau und grün. Dass es so langsam voran geht. Aber ein römischer Soldat, würde er denn im Stau stehen und hätte sich seine Kohorte nicht schon längst den Weg frei geprügelt, könnte darüber nur lachen.

Wochen war man unterwegs von Rom nach Augsburg. Zumal in der Legion. Die Städte hiessen damals noch anders (Roma bzw. Augusta Vindelicorum), man hatte vor allem eine andere Reisemotivation (Eroberung) und schon gar nicht die Idee, über die langen Feiertage ein wenig am Mittelmeer zu entspannen und deshalb einen Kilometerdurchsatz über die Alpen zu erzeugen, dass Hannibal vor Neid einen Elefanten aufgefressen hätte.

Das sollte man sich deshalb noch einmal vergegenwärtigen, weil ein Projekt wie ORBIS auf dem Server von Stanford nicht nur die alten Reiserouten auf eine Onlinekarte bringt, sondern auch die alten Reisegeschwindigkeiten berechnet. Die waren zugegebenermassen an Freitagnachmittagen vor allem im Raum Zürich oder München, auch an den damals noch nicht existierenden A1-Autobahnkreuzungen, weitaus höher als heute. Aber alles in allem war man scheinbar damals doch Monate unterwegs. Je nach Jahreszeit. So lange hat heute kein Mensch Urlaub.

Und sobald man den Berechnen-Button geklickt hat, zeigen sich Entfernungen, Dauer der Reise - aufgeschlüsselt nach Reisemonat -, Kosten für Pferdefutter in Dinaren. Und wenn man sich das alles wieder einmal vor Augen führt, dann sind ein paar Liter Benzin, drei nöhlige Familienmitglieder und die ewig gleiche Märchendisc plötzlich gar nicht mehr so schlimm. Selbst wenn es sich dabei um einen temporären Standort südlich des Alpenhauptkamms handelt.

Cäsar hätte ordentlich Dukaten für einen Platz im VW springen lassen.