Offshore-Plattformen vor den deutschen Küsten

Schleswig-Holsteins Opposition fordert Einstellung der Ölförderung im Wattenmeer

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Während BP seine Versuche wieder aufgenommen hat, das Bohrloch im Golf vom Mexiko zu verstopfen, und US-Präsident Barack Obama von einem Weckruf spricht, einer Aufforderung, endlich verstärkt die erneuerbaren Energieträger auszubauen, fragt sich hierzulande mancher, ob das alles nur in den USA passieren kann.

Auch vor deutschen Küsten wird nämlich Öl gefördert. Deutschland deckt zwar gerade noch zwei Prozent seines Bedarfs durch eigene Produktion. Aber das meiste davon wird auf See gewonnen. Immerhin 60 Prozent der 3,05 Millionen Tonnen umfassenden deutschen Förderung wurde 2008 im Wattenmeer vor Schleswig-Holsteins Nordseeküste aus dem Boden geholt.

Gewonnen wird das Öl auf der Plattform Mittelplate A, die zu je 50 Prozent RWE und Wintershall gehört. Letzteres ist eine BASF-Tochter, die schon in den 1980er und 1990er Jahren in der Kieler Bucht Bohrplattformen betrieben hatte und ansonsten im deutschen und europäischen Erdgasgeschäft eine wichtige Rolle spielt. Mittelplate A ist nördlich der Elbmündung in der Meldorfer Bucht installiert.

Der jüngste Rohstoff-Jahresbericht der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe spricht für ganz Deutschland von gesicherten Reserven von 34 Millionen Tonnen. Gemeint sind damit die bekannten Lagerstätten, die unter ökonomisch sinnvollen Bedingen auszubeuten sind. Der größte Teil davon dürfte unter dem Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer liegen. Angaben aus der dortigen Region, geben höhere Werte an, sind aber offensichtlich veraltet.

Nun ist das Wattenmeer nicht ein beliebiger Fleck im weiten Ozean, sondern einer seiner produktivsten und vielfältigsten Lebensräume, immerhin so speziell, dass er von der UNESCO auf Antrag des Bundeslandes zum Weltnaturerbe erklärt wurde. Die ökonomischen wie immateriellen Schäden, die dort bei einer Ölkatastrophe für Fischerei, Tourismus und Naturschutz entstehen könnten, wären sicherlich mit denen an den Küsten des Golfs vergleichbar.

Die derzeitigen Konzessionen laufen demnächst aus. Für den Landtagsabgeordneten Lars Harms vom Südschleswigschen Wählerverband SSW, der Partei der dänischen und friesischen Minderheiten, ist das Grund genug ein Ende der Förderung zu fordern. Auch wenn die Technik der Tiefseebohrung im Golf nicht mit der hierzulande eingesetzten vergleichbar sei, so habe die dortige "Ölpest (...) wieder einmal gezeigt, dass keine Technik und keine Vorschrift hundertprozentige Sicherheit gewährleisten kann".

Auch einer etwaigen Einlagerung von CO2 in den ausgebeuteten Lagerstätten unter dem Nationalpark Wattenmeer möchte er von vornherein einen Riegel vorgeschoben sehen. Bei seinen grünen Oppositionskollegen rannte er damit offene Türen ein. Allerdings wird das Bundesland von einer schwarz-gelben Koalition regiert, die wegen der Absonderlichkeiten des schleswig-holsteinischen Wahlrechts mit einer Minderheit des Wählervotums eine denkbar knappe Mehrheit der Landtagsmandate ergattern konnte.

Beim SSW weist man bei der Gelegenheit außerdem auch auf die Gefahren hin, die durch Schiffs-Havarien drohen. 1998 war vor der Insel Sylt mit der "Pallas" ein Holzfrachter verunglückt und hatte größere Mengen Schweröl verloren. Die Küstenwache zeigte sich unfähig und schlecht ausgerüstet, wodurch der Schaden erheblich vergrößert wurde. Der SSW fordert bereits seit mehreren Jahren vergeblich für bestimmte Zonen der westlichen Ostsee eine Lotsenpflicht, da dort versenkte Munition aus dem Zweiten Weltkrieg die Sicherheit von Öltankern gefährden würden. Auch die Diskussion über neue Offshore-Bohrungen vor Ostholstein müsse endlich zu den Akten gelegt werden.