Proteste in Ägypten gehen weiter
Mubaraks Auswechseln des Kabinetts zeigt bislang keine Wirkung
Gestern kündigte der ägyptische Präsident Hosni Mubarak an, die Regierungsmannschaft auszuwechseln. Heute erklärten die Minister geschlossen und gehorsam ihren Rücktritt. Die Situation auf den Straßen scheint sich dadurch allerdings noch nicht zu beruhigen. Zum Mittag wurde gemeldet, dass trotz einer Ausgangssperre erneut zehntausende Menschen gegen das Regime demonstrieren. Mit dazu bei trägt womöglich auch, dass das gestern nicht funktionsfähige Telefonnetz seit heute Vormittag angeblich wieder funktioniert.
Bei den freitäglichen Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften soll es nach bisherigem Stand mindestens 74 Tote gegeben haben. Darüber hinaus kam es zu zahlreichen Brandstiftungen und Plünderungen, gegen die sich mittlerweile Bürgerwehren formieren, die Autos anhalten und auf gestohlene Güter durchsuchen. Viele der Protestierenden hatten versucht, die mit Panzern aufgefahrene Armee, die in der tunesischen Jasminrevolution eine Schlüsselrolle gespielt zu haben scheint, nicht (wie die Polizei) als Repräsentanten der Regierung anzugreifen, sondern auf ihre Seite zu ziehen.
Auffällig an den gestrigen Protesten in Kairo, Suez und Alexandria war zudem das weitgehende Fehlen von politischen Fahnen oder Zeichen. Diese Abwesenheit macht es dem Regime relativ schwer, gegen einzelne Gruppen vorzugehen. Mittlerweile wächst auch der Druck der USA auf Mubarak: Robert Gibbs, der Sprecher des Weißen Hauses, mahnte eine Beseitigung der "Missstände" in Ägypten sowie den Wiederanschluss an das Internet an und drohte damit, dass das Verhalten der Machthaber am Nil auch Auswirkungen auf die Hilfen für das Militär haben könnte. Der britischen Zeitung Daily Telegraph zufolge, gibt es sogar einige Plan-B-Oppositionelle, die von den USA für den Fall eines Regimewechsels bereits jetzt unterstützt werden.