Regierungsmehrheit darf Befragung von Edward Snowden nicht blockieren
BGH-Urteil stärkt Rechte der Opposition. Vernehmung des Whistleblowers war von Union und SPD beharrlich verhindert worden – zu Unrecht
Linke und Grüne im Bundestag können im Streit mit der Bundesregierung über die Anhörung des US-Whistleblowers Edward Snowden vor dem NSA-Untersuchungsausschuss () einen wichtigen Teilsieg verbuchen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) teilte am heutigen Montag mit, dass er einem Antrag der Abgeordneten von Linken und Grünen stattgibt und den Ausschuss damit verpflichtet, ein entsprechendes Amtshilfeersuchen an die Bundesregierung zu beschließen. Damit sollen die Voraussetzungen für eine Vernehmung Snowdens in Berlin geschaffen werden. Vor allem müsste die Bundesregierung dem früheren Mitarbeiter eines Subunternehmens, das für die NSA gearbeitet hat, Schutz vor einer Auslieferung in die USA zuzusichern.
Die Frage einer Vernehmung von Snowden hatte im Untersuchungsausschuss in den vergangenen Monaten mehrfach für Streit gesorgt. Dabei ging es grundsätzlich darum, ob der Aktivist überhaupt angehört werden soll. Strittig war zudem die Frage, ob Snowden als Zeuge in Berlin aussagen soll oder ob er an seinem derzeitigen Aufenthaltshort in Russland vernommen werden kann.
"In diesem Zusammenhang nahm die Bundesregierung auf Fragen des Untersuchungsausschusses in einem weiteren Bericht vom 2. Juni 2014 ergänzend dahingehend Stellung, dass sie weiterhin eine Zeugenvernehmung im Ausland für möglich halte und zur Prüfung der Bewilligung einer Auslieferung an die Vereinigten Staaten noch weitere Fragen an das U.S. Department of Justice gerichtet worden seien", heißt es in dem Beschluss des BGH, der schon am 11. November gefällt wurde. Das Bestehen eines Auslieferungshindernisses auf der Grundlage des bislang mitgeteilten Sachverhaltes könne daher "noch nicht abschließend beurteilt werden".
Eine mögliche Befragung des 33-Jährigen, der auf seiner Flucht vor der US-Justiz politisches Asyl in Russland erhalten hat, sorgt schon lange für Debatten im politischen Berlin. Bereits Ende 2014 hatten Linke und Grüne versucht, über das Bundesverfassungsgericht eine Befragung Snowdens zu erreichen – und waren damit gescheitert. Die Richter in Karlsruhe lehnten die Klage ab und verwiesen auf die Zuständigkeit des BGH, der nun zugunsten der Opposition entschieden hat.
"Der Beschluss der Ermittlungsrichterin am BGH ist ein Punktsieg für die Opposition", sagte die Obfrau der Linken im NSA-Untersuchungsausschuss, Martina Renner. Er bedeute, dass die Koalition im Ausschuss die Ladung Snowdens als Zeugen "nicht mehr mit schäbigen Verfahrenstricks verhindern kann". Snowden sei weiterhin der wichtigste Zeuge des Untersuchungsausschusses, er müsse nun endlich gehört werden. Der Grünen-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, Konstantin von Notz, sprach angesichts der BGH-Entscheidung von einem "guten Tag für die Minderheitenrechte im Bundestag", also die Rechte der strukturell unterlegenen Opposition. Das Urteil sei eine Blamage für die große Koalition. Sie habe versucht, eine ordnungsgemäße Zeugenvernehmung von Snowden "mit fadenscheinigen Argumenten zu sabotieren".
Mit dem BGH-Urteil hat die Regierungsmehrheit im NSA-Untersuchungsausschuss ihre rechtswidrige Blockade einer Vorladung von Snowden richterlich bescheinigt bekommen. Denn im Ausschuss kann ein Viertel der Mitglieder einen solchen Antrag stellen. Renner und Notz taten das in dem achtköpfigen Gremium, wurden von Unions- und SPD-Mitgliedern aber schlichtweg ignoriert. Das BGH-Urteil bedeutet, dass sie nun dazu verpflichtet sind, bei der Bundesregierung Amtshilfe zu beantragen