Russland greift zur Internetzensur
Es besteht offenbar die Sorge einer Ansteckung durch die Maidan-Bewegung, die zu Demonstrationen in Russland aufrufen soll
Die russische Regierung scheint das Schicksal von Janukowitsch in der Ukraine vermeiden zu wollen. Mit aller Schärfe geht sie gegen jede Opposition im eigenen Land vor, zuletzt gegen friedlich gegen einen Krieg Protestierende, während die Maidan-Bewegung und die Interims-Regierung möglichst als Faschisten, Kriminelle, Putschisten oder Terroristen dargestellt werden.
Dazu passt, dass nach russischen Medien prorussische Milizen an der Zufahrt auf die Krim einen mit 500 kg TNT Sprengstoff beladenen Lastkraftwagen gestoppt haben wollen: "Aus den regionalen Polizeikreisen erfuhr RIA Novosti, dass die Insassen als Maxim Schepetailo (24) und Wassili Pusko (25), beide aus dem westukrainischen Lwow (Lemberg), identifiziert worden seien. 'Sie machten kein Hehl daraus, dass sie seit Dezember an den Zusammenstößen auf dem Maidan teilgenommen haben.' Die Behörden klären nun die Herkunft des Sprengstoffs, aber auch das Endziel der gefährlichen Fracht."
Das dürfte als weitere Legitimation dienen, die Zensur in Russland zu verschärfen. Die russische Generalstaatsanwaltschaft hat bereits die Medienkontrollbehörde Roskomnadzor dazu aufgefordert, Aufrufe und Äußerungen von ukrainischen "Nationalisten" aus sozialen Netzwerken auszuschließen.
Schon zuvor von Roskomnadzor waren 13 Accounts von ukrainischen "nationalistischen" Organisationen auf dem russischen Netzwerk VK.com gesperrt worden, so berichtet Itar Tass. Die Online-Gemeinschaften hätten "Aktivitäten der ukrainischen Nationalisten" unterstützt und "die russischen Menschen direkt provoziert, Terroranschläge auszuführen und in nicht genehmigten Massendemonstrationen auch in Moskau teilzunehmen". Man habe die anstößigen Postings aufgelistet und die Provider angewiesen, diese zu löschen.
Die Strategie scheint zu sein, die russische Opposition mit der Maidan-Bewegung in Verbindung zu bringen, um noch schärfer jeden Versuch eines zivilen Protestes gegen die Regierung zu unterdrücken. Es gibt allerdings auch rechtsextreme Gruppen in Russland – und als Nationalisten ließen sich auch die prorussischen Bewegungen in der Ukraine bezeichnen. Nationalistisch getrimmt ist schließlich auch der Versuch, die Krim und vielleicht weitere Teile der Ostukraine vor den ukrainischen Nationalisten zu "schützen". Daher könnte es sein, dass die russische Propaganda in Gefahr läuft, sich terminologisch zu verheddern. Der Schwenkauf die terroristische Bedrohung könnte dafür eine Lösung sein, die nicht nur in Russland funktioniert.