Schulstreik: Immer wieder Freitags

Greta Thunberg kritisiert die Untätigkeit der EU-Politiker: "You can't just sit around waiting for hope to come." Screenshot aus FridaysForFuture-Video.

Greta Thunberg liest in Brüssel den EU-Größen die Leviten

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Auch am heutigen Freitag haben deutschlandweit wieder viele Tausend Schüler für wirksamen und schnellen Klimaschutz demonstriert. Eine Übersicht im Internet listet die Daten von 54 Städten auf – von Lörrach bis Flensburg und von Saarlouis bis Greifswald, wobei der Osten deutlich unterrepräsentiert ist –, in denen am Vormittag oder um die Mittagszeit gestreikt und demonstriert wurde.

Zumindest eine knappe Mehrheit der Deutschen unterstützt die Schüler dabei, wie eine im Auftrag des Spiegels durchgeführte Meinungsumfrage unter in Internetforen registrierten Bürgern zeigt. Dabei ist die Unterstützung um so größer, je jünger die Befragten waren. Auch gibt es eine klare Trennungslinie zwischen den politischen Lagern. Während bei den Anhängern von Union, FDP und AfD die Ablehnung zum Teil sehr groß ist, gibt es von Wählern der Sozialdemokraten, der Grünen und der Linkspartei Zustimmung von 70 bis 85 Prozent.

Unterstützung kommt auch von den Umweltverbänden. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) sowie dessen Jugendorganisation haben eine entsprechende Solidaritätsterklärung an die Presse verschickt. Man fühle sich durch die Proteste bestärkt. Wirksamer Klimaschutz beginne mit einem "konsequenten Einstieg in den Kohleausstieg", der den Hambacher Forst erhalte und weitere Zwangsumsiedlungen verhindere.

Der BUND fordere die Politiker auf, "sich als gute Demokraten diesem Protest auf Augenhöhe zu stellen". Einzelne Landesregierungen würden versuchen, "den Protest durch Drohungen und Ordnungsmaßnahmen einzudämmen. Was für ein jämmerliches Signal ist dies an die engagierten Schüler* innen?"

"Die Schülerinnen und Schüler, die sich freitags aktiv mit einem der drängendsten Probleme dieses Planeten auseinandersetzen, verdienen dabei Anerkennung und Respekt. Sie haben ein Recht auf eine intakte Umwelt. Was viele Politikerinnen und Politiker übersehen: es geht für die junge Generation um ihre persönliche Zukunft. Sie müssen ausbaden, was die vorherigen Generationen ihnen eingebrockt haben. Die Klimakrise ist Realität und die Politik muss endlich konsequent handeln. Deshalb ist es eine Frage der Gerechtigkeit, jetzt auf die vielen jungen Stimmen zu hören. (...) Die Schülerstreiks sehen wir als ein Zeichen lebendiger Demokratie."
Olaf Bandt, Geschäftsführer für Politik und Kommunikation beim BUND

Auch in einer Reihe anderer Staaten gab es wieder Schüleraktionen. Unter anderem in Japan, Südkorea, Spanien, den USA, Frankreich, den Niederlanden, Irland, Schweden, Finland und Norwegen. Auch Island war erstmalig dabei. In Belgien wurde bereits am gestrigen Donnerstag demonstriert.

Dort fand auch ein EU-Kongress mit diversen Nichtregierungsorganisationen statt, auf dem die schwedische Schülerin Greta Thunberg sprach, worüber die britische Zeitung Guardian berichtet. Thunberg hatte mit ihren Aktionen in Stockholm ab Beginn des Schuljahres den Anstoß für die inzwischen internationale Schüler- und Jugendbewegung gegeben.

Die 16-Jährige nutzte die Gelegenheit das ihrer Ansicht nach zu niedrige Klimaschutzziel der EU zu kritisieren. Die Gemeinschaft hat sich vorgenommen, bis 2030 ihre Treibhausgasemissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren.

"Dieses Ziel reicht nicht aus, um die Zukunft der heute aufwachsenden Kinder zu schützen. Wenn die EU ihren fairen Anteil des Treibhausgas-Budgets wahrnehmen will, der für die Einhaltung des Zwei-Grad-Zieles bleibt, dann muss sie die Emissionen bis 2030 um mindestens 80 Prozent reduzieren, und das beinhaltet Flug- und Schiffsverkehr."
Greta Thunberg

Letztere sind bisher aus den nationalen Treibhausbilanzen meist ausgeklammert, sofern sie grenzüberschreitend sind. Eine 80-Prozent-Reduktion gegenüber 1990 würde bedeuten, dass die Emissionen in den nächsten zwölf Jahren noch immer um 75 Prozent reduziert werden müssten.

(2016 waren es 4441 Millionen Tonnen Treibhausgase, 80 Prozent Reduktion gegenüber 1990 entspräche 1144 Millionen Tonnen.) Das wäre in der Tat ziemlich drastisch, liegt aber tatsächlich im Rahmen dessen, was aus dem letzten Bericht des sogenannte Weltklimarat IPCC gefolgert werden muss.

Dass die Einschnitte inzwischen so tief in so kurzer Zeit gehen müssen, liegt vor allem daran, dass in den letzten drei Jahrzehnten, seit dem das Problem einer breiten Öffentlichkeit bekannt ist, viel zu wenig geschah. Das machte auch Greta Thunberg den versammelten EU-Größen wie unter anderem Jean Claude Juncker deutlich:

"Wenn Sie sagen, dass wir wertvolle Unterrichtszeit vergeuden, dann möchte ich Sie daran erinnern, dass unsere politischen Verantwortlichen Jahrzehnte mit Leugnen und Untätigkeit vergeudet haben."
Greta Thunberg

Für den 15. März wird vor allem in Europa und Nordamerika ein globaler Streiktag vorbereitet. Mit dabei sind aber auch Länder wie Mali, Brasilien, Peru, Chile, Uruguay, Südafrika, Uganda, Kenia und Iran.