"Sparpaket-Hammer" bringt Kritiker in Form

CDU-Sozial- und -Arbeitnehmerflügel entdecken soziale Unausgewogenheiten, Käßmann fordert kirchlichen Widerstand. Westerwelle sieht keine "soziale Kälte"

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Der in letzter Zeit so leise FDP-Chef sucht sich langsam wieder mit einfachen Übungen am innenpolitischen Phrasen-Reck in Schwung zu bringen: "Nichts ist unsozialer, als die Staatsfinanzen vor die Wand zu fahren. Darunter würden zuerst die Schwächsten in einem Land leiden", soll er heute auf den Vorwurf der sozialen Kälte im Sparprogramm geantwortet haben: Er fügte hinzu: "Wir müssen jetzt das Richtige tun, wenn wir nicht wollen, dass Deutschland das Schicksal erleidet, das andere europäische Länder derzeit durchmachen." Die Sätze sind immerhin vielseitig anwendbar, sie hätten auch sehr gut auch zum ersten Rettungspaket für die Banken gepasst - als Kritik am Bankenrettungsschirm.

Die vielen Rettungsschirme scheinen allerdings die Schmetterlinge aus den sozialen Flügeln der CDU in Hochform zu bringen. Sie fliegen höher als die zahme Mitte und sehen, welches Muster bei dieser Regierung unverändert bleibt: Das Sparpaket zur Rettung der Republik sei sozial unausgewogen, sagte der Bundesvize der CDU-Sozialausschüsse, Christian Bäumler gegenüber einer Nachrichtenagentur: "Da werden diejenigen getroffen, die keine Lobby haben und sich am wenigsten wehren können." Lobbypolitik und ein paar Merksätze zum Zitieren für junge dynamische Menschen sind die Grundsäulen der FDP-Politik. Weswegen Bäumler leicht benennen kann, wer das Spar-Programm so gestaltet hat, dass Vermögende und die Finanzbranche geschont werden und mit Westerwelle erfolgslächeln dürfen.

Dass man die höheren Einkommen hätte einbeziehen müssen, fordert auch der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Karl-Josef Laumann, damit wäre es "sozial runder" geworden, heißt wohl: Finanzbranche und die Spitzenverdiener sollten auch in die große Mitte hinein genommen werden und nicht immer nur vom gesellschaftlichen Rand aus Leistung fordern. Auch Peter Müller, CDU-Ministerpräsident in Saarland, meint, "dass wir auch über den Spitzensteuersatz noch einmal reden müssen". Die Abschaffung des Rentenbeitrags für Hartz-IV-Empfänger und des Rechtsanspruchs behinderter Arbeitsloser auf eine Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt sei demgegenüber nicht akzeptabel, so Christian Bäumler.

Margot Käßmann spürt die Kälte, die Westerwelle nicht sieht, bei den Eltern, denen es nicht so gut geht, wie dies im sozialen Leistungstableau des FDP-Chefs vorgezeichnet ist - bei den Hartz-IV Empfängern mit Kindern, die soeben noch aufgrund eines Bundesverfassunsgreichtsurteil von höheren Sätzen träumten und jetzt vom Spar-Kraftpaket auf den Boden der politischen Realität zurückgeholt werden.

Die ehemalige Landesbischöfin reagiert empfindlich - "Als ich von der Streichung erfahren habe, habe ich mich gefragt, ob Hartz-IV-Empfänger weniger Würde als andere Menschen haben" - und droht mit Protest, der die Christlichen Demokraten empfindlich treffen könnten: Sie fordert die Kirchen zum Widerstand gegen die Streichung des Elterngeldes für Hartz-IV-Empfänger auf, heißt es im Spiegel. Wer nun argwöhnt, dass Käßmann hier nur Gelegenheit zur "Betroffenheitspolitik" wahrnimmt, der kann sich von Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, in der SZ darüber aufklären lassen, wer "außerordentlich opportunistische", "kaltherzige" Politik betreibt:

"In der sozialen Hängematte lebt es sich nicht bequem, im Gegenteil. Jeder, der selber Kinder hat, weiß, dass man mit den Regelsätzen keine Chance hat, um über den Monat zu kommen. Betroffen sind viele alleinerziehende junge Frauen, die gerade ein Kind zur Welt gebracht haben. Ihnen muss man das Erziehungsgeld lassen, weil die Not sonst unerträglich ist. Darum habe ich überhaupt kein Verständnis dafür, dass ausgerechnet bei dieser Gruppe das Erziehungsgeld gekürzt wird und die jungen Mütter in die Verzweiflung getrieben werden. Diese Streichaktion ist kaltherzig".