Spielen Sie Krieg gegen Russland
Pro Tag gibt es dafür zwischen 88,40 und 120 Euro
Die Agentur für Arbeit hat ein auf ihrer Seite beworbenes Jobangebot korrigiert, mit dem russischsprachige Statisten für Manöver der US-Armee in Europa gesucht werden. Das entsprechende Inserat der Firma Optronic HR GmbH mit Sitz im bayerischen Ottobrunn hatte die Statistenjobs mit dem Zusatz beworben, eine Beteiligung an den Kriegsübungen sei "geeignet, die Integration Zugewanderter zu unterstützen".
Auf Nachfrage der Linken-Abgeordneten Heike Hänsel (Seite 41) wurde die Ausschreibung korrigiert. Eine solche, die Integration fördernde Wirkung werde nicht gesehen, schrieb die Bundesregierung: "Inzwischen wurde der Hinweis entfernt." Dennoch bleiben Fragen offen.
Optronic sucht nach wie vor Statisten für Rollenspiele bei Trainingseinsätzen der US-Armee auf dem Truppenübungsgelände in Hohenfels zwischen Nürnberg und Regensburg. Durch die Statisten werde die Zivilbevölkerung in Krisengebieten dargestellt. "Dadurch wird ein realitätsnahes Übungsszenario für die Soldaten und somit eine optimale Vorbereitung für deren Auslandsmissionen erreicht", heißt es in der Anzeige. Die Unterbringung erfolge in Stockbetten in Soldatenunterkünften, was nicht die einzige unangenehme Einschränkung ist: "Das Verlassen des Kasernengeländes ist während der gesamten Veranstaltungsdauer nicht möglich (Ausnahme: Arztbesuch)", schreibt Optronic.
Aus Sicherheitsgründen sei das Mitführen von Mobiltelefonen sowie Computern auf dem Truppenübungsgelände untersagt. Verstöße gegen diese und andere Regeln würden mit sofortiger Kündigung und dem Verweis von dem Militärgelände geahndet. Wer sich an die Regeln hält, kann zwischen 88,40 und 120 Euro pro Tag verdienen.
Die Werbung für Statistenrollen bei US-Manövern hat in der Vergangenheit schon mehrfach für Diskussionen gesorgt. Die offensichtlichen Gründe: Mit den Übungen bereiten sich die US-Armee und ihre Nato-Alliierten auf mögliche neue Konflikte vor. Die explizite Suche nach russischsprachigen Statisten sorgt daher angesichts der ohnehin zunehmenden Spannungen zwischen dem Nordatlantikpakt und Moskau für Unruhe. Zum andere hatte die gezielte Anwerbung ethnischer Gruppen für Manöver bereits in der Vergangenheit für Kritik gesorgt, weil rassistische Stereotype bedient wurden. Unter Fachleuten ist der Nutzen von solchen Manövern zudem umstritten, weil nicht nachgewiesen ist, dass Soldaten nach dem Durchspielen von Einsatzszenarien handlungssicherer oder gar menschenrechtskonformer agieren.
"Es ist bezeichnend, dass die Bundesregierung im Fall der Stellenausschreibung der umstrittenen Optronic HR GmbH erst auf unseren Hinweis hin korrigierend eingegriffen hat, obwohl das Gebaren des Unternehmens Optronic schon seit Jahren in der Kritik ist", sagte die Linken-Abgeordnete Heike Hänsel. Die Beteiligung an Kriegsübungen der US-Armee als integrationsfördernd zu bezeichnen, zeige dies mehr als deutlich. Die politische Brisanz der Stellenausschreibung, NATO-Übungen von bewaffneten Konflikten mit Russland, ignoriere die Bundesregierung hingegen, so die Vizevorsitzende der Linken-Fraktion. "Da passt es durchaus ins Bild, dass die Bundeswehr führend an dem Aufbau einer militärischen Drohkulisse der NATO gegen Russland beteiligt ist."
Nach Angaben von Spiegel Online ist das Unternehmen schon seit 1999 im US-Auftrag tätig, was sich durchaus als lukrativ erwies: Die "taz" vermutet, dass Firmeninhaber Hans-Werner Truppel bis zu 3.000 Komparsen für die Manöver auf dem Truppenübungsplatz in Hohenfels organisierte. Dafür habe die Firma rund zehn Millionen Euro jährlich von den US-Militärs erhalten. "2002 versuchte er (Truppel) jedoch, 22 Tonnen nahtloser Aluminiumrohre zur Herstellung von waffentauglichem Uran nach Nordkorea zu schmuggeln", heißt es bei Spiegel Online. Im Mai 2004 wurde der Optronic-Chef für vier Jahre in Haft geschickt, danach schrieb die Armee den Auftrag zur Statisten-Akquise neu aus. Nun hat Optronic den Job offenbar wieder.