Steigt der Ölpreis nach OPEC-Produktionsbegrenzung?
Die Chancen dafür stehen relativ gut, da auch Saudi Arabien angesichts wirtschaftlicher Probleme einen höheren Ölpreis braucht
Die Entscheidung wird als Überraschung bezeichnet: Die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) hatte sich in Algier am späten Mittwoch dazu entschieden, die Ölproduktion zu drosseln. Täglich sollen nun nur noch 32,5 bis 33 Millionen Barrel gefördert werden. Im August hatten die OPEC-Länder nach eigenen Angaben 33,2 Millionen Barrel produziert, was ohnehin schon ein leichter Rückgang war. Nach Angaben der Internationalen Energie‑Agentur soll sie aber noch etwas darüber gelegen haben.
Bei genauerem Hinsehen kann eigentlich real kaum von einer Drosselung gesprochen werden, besser gesagt, hat man es nun nur damit zu tun, dass die Produktion praktisch auf dem derzeitigen hohen Niveau eingefroren werden soll. Eigentlich hatte die OPEC lange als Ziel angegeben, die Produktion auf dem Stand des vergangenen Januars einzufrieren. Das wären etwa 1,5 Millionen Barrel weniger gewesen, da man sich im Dezember noch auf 31,5 Millionen geeinigt hatte.
Damit wäre die eklatante Überproduktion, die weiter auf dem Markt ist, tatsächlich geringer geworden oder sogar abgebaut worden, was zu deutlichen Preissteigerungen geführt hätte. Sie bleibt aber mit dieser Fördermenge zum größten Teil erhalten. Damit ist es kaum verwunderlich, dass nach einem kurzen spekulativen deutlichen Anstieg der Ölpreise im frühen Handel sich schon im Laufe des Donnerstags an den Märkten wieder Ernüchterung eingestellt hat. Es zeigte sich dann nur noch ein Anstieg von etwa 3% und gut einem Dollar. Das gilt für die Nordseesorte Brent und für die US-Sorte WTI. Sie bleiben weiter unter der Marke von 50 US-Dollar.
Das ist die Marke, die zuletzt auch der Iran als Ziel angestrebt hatte, womit eine Einigung leichter wurde. Letztlich, so der algerische Energieminister Noureddine Boutarfaa, fiel die "historische" Entscheidung in der OPEC deshalb einstimmig, weil Saudi‑Arabien angesichts der eigenen Notlage eingelenkt hatte. Denn in der Konkurrenz mit dem schiitischen Iran, der nach der Aufhebung der Sanktionen wieder zur Regionalmacht aufstrebt, wollte Saudi-Arabien einer Drosselung eigentlich nur zustimmen, wenn auch Iran im Boot ist.
Iran will aber seine Produktion wieder auf das Niveau bringen, dass man vor den Sanktionen hatte. Doch nun sollen Iran, das nach Devisen hechelt, "sinnvolle Höchstmengen" zugestanden werden. Genauere Mengen sollen im November bei der Jahresversammlung in Wien festgelegt werden. Damit könnte ein Teil des Streits nur vertagt worden sein und die ganze "historische" Abmachung wieder kippen. Unklar ist auch noch, was Russland macht, das sich noch nicht festgelegt hat, aber im letzten Jahr seine Produktion ebenfalls deutlich ausgeweitet hatte.
So wird sich kurzfristig jedenfalls an der bisherigen Einschätzung nichts ändern, dass der Ölpreis erst einmal weiter relativ niedrigbleiben wird. Denn klar ist auch, dass einige große Produzenten ohnehin nicht eingebunden sind. Da ist zum Beispiel die gesamte Fracking-Industrie in Nordamerika. Ein zentrales Ziel von Saudi-Arabien war es, über den niedrigen Ölpreis die Fracker vom Markt zu drängen, da die USA die Saudis vom Spitzenplatz bei der Produktion verdrängt hatten. Dieses Unterfangen kann eigentlich als gescheitert angesehen werden.
Die Öl-Produktion ging zwar in den USA vom Peak vor gut zwei Jahren um gut 1,1 Millionen Barrel pro Tag zurück, doch trotz der niedrigen Preise stabilisierte sie sich im Juli bei 8,4 Millionen und stieg seither sogar zeitweise wieder auf 8,6 Millionen an. Derzeit sind es wieder 8,5 Millionen. Die Kosten für die Förderung von Fracking-Öl sind deutlich gesunken und die Ausbeute in den Bohrlöchern wurde gesteigert. Es ist zu erwarten, dass mit auch leicht steigenden Preisen die Aktivität wieder zunimmt, wenn eine Aussicht besteht, dass die Preise weiter steigen könnten. Die schwache "Drosselung" könnten die Fracker schnell wieder kompensieren.
Es sieht ganz danach aus, dass in dem Konkurrenzkampf vor allem den Saudis nun die Puste ausgeht, die angesichts der Fracker und Iran lange kein Interesse daran hatten, den Ölpreis zu steigern. Bekannt ist, dass das Land angesichts der eingebrochenen Einnahmen 2015 ein enormes Defizit von 100 Milliarden Euro auswies, das sind 21% der jährlichen Wirtschaftsleistung. Nach Schätzungen sollen es nun erneut gut 13% werden.
Die Saudis brauchen einen Preis zwischen 60 und 70 Dollar pro Barrel, um einen ausgeglichen Haushalt zu bekommen. Inzwischen geraten auch dort die Banken in Schieflage und völlig ungewohnt, werden im Wüstensand nun Sparpläne geschmiedet. So werden die Gehälter der Staatsbediensteten schon gekürzt und das sind etwa zwei Drittel aller Beschäftigten im Land.