"This is big"
US-Regierung und demokratischer Abgeordneter forcieren Open Access
Knapp ein Jahr ist es her, da tobte in den USA der Open Access War und konfligierende Gesetzesinitiativen sorgten für Aufsehen: Während zwei der Wissenschaftsverlagslobby nahestehende republikanische Abgeordnete den "Research Works Act RWA" im Repräsentantenhaus lancierten, der es Förderorganisationen wie den National Institutes of Health NIH unmöglich machen sollte, finanziell unterstützte Wissenschaftler zur Open-Access-Publikation von geförderten Projektergebnissen zu verpflichten, formulierte der demokratische Kongressabgeordnete Mike Doyle den Federal Research Public Access Act (FRPAA). Demzufolge sollten Publikationen aus öffentlich geförderten Projekten spätestens sechs Monate nach Veröffentlichung frei zugänglich gemacht werden.
Der Open-Access-Krieg des Jahres 2012 endete in einem Waffenstillstand, weder RWA noch FRPAA wurden gültiges Gesetz. Allerdings scheinen die Open-Access-Befürworter jetzt aber auf dem Vormarsch zu ein: Am 22. Februar erließ die US-Regierung eine Direktive, die Förderorganisationen mit einem jährlichen Fördervolumen von mehr als 100 Millionen US-Dollar für außeruniversitäre Forschung oder Entwicklung binnen sechs Monaten zum Erlass von Policies verpflichtet, die festlegen, wie Ergebnisse aus geförderten Projekten Open Access gestellt werden können. Bereits eine Woche früher machte eine, wiederum von Mike Doyle vorangetriebene, inhaltlich verwandte Gesetzesinitiative von sich reden: Der sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat eingebrachte Fair Access to Science and Technology Research Act (FASTR).
Betroffen von der Direktive sind, so der US-amerikanische Open-Access-Experte Peter Suber von der Harvard University, 19 Förderorganisationen, wohingegen FASTR elf Geldgeber berührt. FASTR hat eine etwas geringere Reichweite, da nur Einrichtungen adressiert sind, die mehr als 100 Millionen US-Dollar pro Jahr für Forschung aufwenden. Anders als bei der Direktive werden beim Erreichen dieser Grenze Entwicklungsausgaben nicht berücksichtigt. Suber beschreibt das Potential von Direktive und Gesetzesvorlage in einem Posting flapsig, aber treffend, mit den Worten "This is big" und betrachtet beide als komplementär: Während erstere von einer anderen Regierung revidiert werden könne, sei eine Umsetzung von FASTR kaum rückgängig zu machen. Hingegen greift die Direktive unmittelbar: Die betroffenen Förderorganisationen haben nun sechs Monate Zeit, kompatible Leitlinien zu entwickeln, FASTR aber muss erst einmal den Weg durch das Gesetzgebungsverfahren antreten - kommt der Vorschlag dann zur Umsetzung, bleiben den Einrichtungen zwölf Monaten zur Erarbeitung der Open Access Policies, die wiederum mit der Direktive in Einklang stehen müssten.
Auch ansonsten unterscheiden sich beide Initiativen in Details: Während die Gesetzesvorlage fordert, wissenschaftliche Publikationen, die aus geförderten Projekten hervorgehen, spätestens sechs Monate nach Veröffentlichung Open Access zu stellen, gewährt die Direktive ein Embargo von 12 Monaten, das in begründeten Ausnahmefällen sogar verlängert werden kann. Allerdings erfasst diese auch die Zugänglichmachung von Forschungsdaten, wohingegen FASTR sich auf Textpublikationen kapriziert. Übereinstimmend postulieren beide Ansätze den Re-Use, die Möglichkeit der Weiterverwendung, damit gehen sie über den rein entgeltfreien Gebrauch der geförderten Informationen hinaus und eröffnen Nutzungsoptionen wie Text- und Data-Mining.