Torra wird katalanischer Präsident
Gespannt war am Sonntag auf die Entscheidung der linksradikalen CUP gewartet worden, die offen gelassen hatte, ob sie Torra als Vertreter von Puigdemont durchfallen lässt
Alle Blicke in Katalonien und im ganzen spanischen Staat waren am Sonntag auf das kleine Cervera in der katalanischen Provinz Lleida gerichtet. Dort tagte seit 10 Uhr morgens die linksradikale CUP. Der Politikrat der Antikapitalisten, das höchste Gremium musste entscheiden, ob der 55-jährige Joaquim (Quim) Torra i Pla am Montag katalanischer Präsident werden kann, wie Telepolis vorhergesagt hat. Die Linksradikalen hätten dem Deal allerdings noch einen Strich durch die Rechnung machen können.
Am Samstag lief alles zunächst noch wie geplant und die Antikapitalisten enthielten sich. Das, hätten sie es für den zweiten Wahlgang am Montag zugesichert, hätte gereicht, um Torra zum Stellvertreter von Carles Puigdemont zu wählen. Doch die Partei ließ plötzlich alles offen und ging sehr kritisch mit der Vorstellungsrede von Torra ins Gericht.
Auch ein "Nein" ihrer vier Parlamentarier war deshalb möglich, womit Torra am Montag gescheitert wäre. Drei Lokalverbände hatten Probleme mit ihm, sie hatten deshalb eine Basisentscheidung erzwungen.
Allerdings war die Stimmung auf dem Politikrat doch klar dafür, den Fehler im Fall von Jordi Turull nicht noch auf die Spitze zu treiben. Telepolis konnte vom Treffen in Erfahrung bringen, dass sich nur wenige real vorstellen konnten, eine Regierung mit den Unionisten zu blockieren, nur weil nicht Carles Puigdemont als Wunsch- und Konfrontationskandidat gewählt wurde.
Der hatte zudem aus dem Berliner Exil an die "Kohärenz" und das "gegebene Wort" der CUP appelliert, was auch Wirkung zeigte. Auch CUP-Sprecher wie Laia Estrada sahen in Torras Rede klare "positive Zeichen" und eine Veränderung im Diskurs. Nach der Replik von Torra hatte auch Riera schon am Samstag Veränderungen zur Kenntnis genommen, die er zuvor aber bewusst ignoriert hatte.
Denn schon in seiner Rede hatte Torra klar den Aufbau der Republik ins Zentrum gestellt, wie es die CUP eindeutig gefordert hatte. Zudem hat er dann noch einmal unmissverständlich versichert, dass es keine Rückkehr zum Autonomierahmen mit ihm geben werde. Das ist dem Mann, der ein klarer Verfechter der Unabhängigkeit ist, der das auf verschiedenen Posten in den letzten 10 Jahren deutlich dokumentiert hat, auch abzunehmen.
Die Stimmung auf dem CUP-Politikrat war deshalb klar dafür, "eine neue Regierung nicht zu blockieren", weshalb die CUP an den vier Enthaltungenfesthält, da sie Torra auch nicht mit einem "Ja" unterstützen will. "Der Kontext aus Beschneidungen von Rechten und einer wirklichen Repression eines totalitären Staates bringt uns dazu, diese Investitur nicht zu blockieren."
Somit kann Torra am Montag ins Amt eingeführt werden. "Die Republik und ein sozial gerechtes Land wird nicht mit 70 Abgeordneten im Parlament aufgebaut, sondern mit den Leuten auf der Straße", fügte der CUP-Sprecher Lluc Salellas (CUP) an und machte klar, wo die Prioritäten der Linksradikalen liegen.
Eine Ablehnung, also mit den Unionisten gegen den Kandidaten von Puigdemont zu stimmen, der dessen Politik in Katalonien umsetzen und eng mit Puigdemonts "Rat der Republik" im Exil kooperieren will, wäre politischer Selbstmord gewesen.
Dessen war sich auch die CUP bewusst. Die Schelte der Basis, nach der Entscheidung zu Turull, klang noch zu deutlich in ihren Ohren. Die Basis hätte es ihr nicht verziehen, eine Regierung zu verhindern, um den 155 abzuschütteln und Neuwahlen, wenn es sie geben soll, unter katalanischer Kontrolle durchzuführen, um Wahlbetrug entgegenwirken zu können, wie es ihn in geringem Ausmaß schon bei den Zwangswahlen im Dezember gab.