UN-Klimakonferenz in Glasgow: keine "spontane Weltrettung"
In den nächsten zwei Wochen spricht man mal wieder über globalen Klimaschutz. Zur Geschichte der UN-Klimaverhandlungen
Im schottischen Glasgow beginnt am heutigen Sonntag die diesjährige Klimakonferenz der Vereinten Nationen. COP26 wird sie im Diplomaten-Jargon genannt, die 26. Conference of Parties oder Vertragsstaatenkonferenz der UN-Klimaschutzrahmenkovention.
Die Konvention wurde bereits 1992 auf einem großen UN-Sondergipfel im brasilianischen Rio de Janeiro unterzeichnet. 197 Staaten, also alle UN-Mitglieder und die Europäische Union, haben sie ratifiziert. Doch die wenigsten nehmen es mit der darin getroffenen Vereinbarung, gefährliche Klimaveränderungen zu verhindern, allzu ernst.
Seit 1995 trifft man sich jährlich, um die Einzelheiten für Klimaschutzmaßnahmen auszuhandeln. 1997 war mit dem Kyoto-Protokoll ein erster Vertrag unterzeichnet worden, der den Industrieländern konkrete Reduktionsziele für Treibhausgas-Emissionen vorschrieb. Allerdings wurde das Abkommen von wichtigen Ländern wie den USA, Japan und Australien torpediert.
14 Jahre Verhandlungen waren umsonst
Unter ihrem viel gelobten Präsidenten Barack Obama sorgte die USA 2009 auf der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen sogar dafür, dass das Kyoto-Protokoll nicht verlängert werden konnte. 14 Jahre Verhandlungen waren umsonst gewesen.
2015 wurde schließlich in der französischen Hauptstadt das Paris Agreement, die Pariser Klimaübereinkunft angenommen. Im Rahmen der UNO ist ein Agreement die einfachste, am wenigsten verbindliche vertragliche Verabredung zwischen Staaten. Die USA hatten auf diese Form gedrängt, weil dort so eine Ratifizierung am Parlament vorbei durch den Präsidenten möglich ist.
Trotzdem berufen sich Klimaschützer häufig auf diesen nicht so besonders bindenden Vertrag. Immerhin ist ihn zum ersten Mal ein sehr klares Ziel vorgegeben: Die "globale Temperatur soll deutlich unter zwei Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau (gehalten werden) und Anstrengungen unternommen werden, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen", heißt es in Artikel 2 der Übereinkunft.
Die Wege, mit denen das erreicht werden kann, bleiben den Ländern überlassen. Es gibt keinerlei gemeinsame Minderungsziele und Vorgaben. Die Länder geben in regelmäßigen Abständen Selbstverpflichtungen, sogenannte National Determined Contributions (NDCs) ab, in denen sie ihre eigenen Ziele definieren und die Wege dorthin beschreiben.
Die Industriestaaten gehen zu langsam voran
In Glasgow wird es unter anderem darum gehen, dass die bisher abgegebenen NDCs bei weitem nicht ausreichen, die globale Erwärmung im notwendigen Maß zu beschränken. Eventuell wird das eine oder andere Land noch etwas nachlegen, aber viel wird es nicht sein.
Die bundesdeutsche Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) erklärte dazu im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, jetzt sei zwar mehr Verbindlichkeit gefragt, aber es wäre "ein Fehler, von Weltklimakonferenzen die spontane Weltrettung zu erwarten".
Der Präsident des Industrieverbands BDI, Siegfried Russwurm, verriet den Zeitungen der Funke Mediengruppe, warum Länder wie Deutschland aus seiner Sicht nicht einfach mit gutem Beispiel vorangehen können. Ein globales Problem wie der Klimawandel lasse sich nämlich nur global lösen.
"Nationale Alleingänge sind kontraproduktiv."
Die Entwicklungsländer werden also auch diesmal wieder darauf verweisen können, dass die Industriestaaten viel zu langsam agieren und ihrer historischen Verantwortung nicht gerecht werden.
Rund die Hälfte des durch die Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle, Erdöl und Erdgas freigesetzte CO2 verbleibt nämlich für viele Jahrtausende in der Atmosphäre. Die Treibhausgase reichern sich dort also an, und der allergrößte Teil der in den letzten 200 Jahren gestiegenen CO2 -Konzentration geht auf das Konto der Industriestaaten. Nicht zuletzt auf das deutsche Konto.