USA-Pakistan: Schwere Belastungsprobe nach "friendly fire"

25 pakistanische Grenzsoldaten kamen bei einem Nato-Luftangriff ums Leben. Vorwürfe spekulieren darüber, dass sie Talibaneinheiten unterstützt haben

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Mit Kampfjets und Helikoptern griff die Nato in der Nacht auf Samstag zwei Stellungen an der Durandlinie an. Bei dem Angriff kamen mindestens 25 Personen ums Leben. Statt eine jener kleinen Meldungen zu produzieren, bei denen es gewöhnlich heißt, dass zwei Dutzend Taliban, darunter vermutlich etliche Kommandeure, bei einem Schlag gegen ein Versteck im Grenzgebiet getötet wurden, schlägt die Nato-Aktion hohe Wellen, weil die Getöteten pakistanische Soldaten sind. Das "friendly fire" erhöht laut Kennern der Diplomatie zwischen USA und Pakistan die Gefahr, dass sich die Risse im Verhältnis der beiden Partner zu einem ernsthaften Bruch auswachsen:

"This is as close as you can get to a rupture."

Die Aufregung in Pakistan ist groß. Auf solche Grenzüberschrietungen reagiert Islamabad seit der Bin-Laden-Tötungsaktion sehr nervös. Präsident Zardari und Premierminister Raza, der seinen Urlaub abbrach, um einer eilig anberaumten Krisensitzung beizuwohnen, verurteilten die Nato-Aktion aufs schärfste. Der Chef der pakistanischen Armee, General Kayani, kündigte eine "effektive Antwort auf diesen unverantwortlichen Akt" an. Die wichtigste Nato-Nachschublinie für die Versorgung der Truppen in Afghanistan wurde in Pakistan gesperrt; die CIA wurde aufgefordert, die Militärbasis im pakistanischen Shamsi zu verlassen. Der amerikanische Geheimdienst nutzte den dortigen Militärflughafen als Startbasis für Drohnenangriffe.

Grund und Hergang des Angriffs sind strittig. Nato-Vertreter sprechen von Selbstverteidigung. Nach ihrer Darstellung war die Luftunterstützung von afghanischen und US-Soldaten angefordert worden, die in der Grenzregion operierten und unter Beschuss gerieten. Von Seiten des pakistanischen Militärs wird jedoch auch angeführt, dass sich die Außenposten nur gewehrt hätten, dass es nicht die pakistanischen Grenzsoldaten gewesen seien, die das Feuer eröffnet hätten.

Beide Seiten kündigen Untersuchungen zur Klärung darüber an, wer zuerst geschossen hat. Man darf gespannt sein, ob es den USA, der Nato und Pakistan gelingt, eine diplomatische Sprachregelung zu finden. Denn der Vorwurf, der den Vorfall mit großer Spannung auflädt, ist heikel: Dass die pakistanischen Soldaten gemeinsame Sache machen mit Talibaneinheiten, die in Pakistan Unterschlupf finden.

Solche Unterstellungen gibt es seit langem und der Vorwurf solcher Verstrickungen wird in unterschiedlichen Berichten gestützt; die pakistanische Führung reagiert sehr gereizt darauf. Auch im vorliegende Fall wird darüber spekuliert, dass die pakistanischen Grenzposten Aktionen von Talibaneinheiten unterstützen, denen die Operation der afghanisch-amerikanischen Soldaten galt. Die obskuren Verbindungen zwischen Militär und verschiedenen religiösen Gruppierungen standen auch im Hintergrund der kürzlichen Affäre um den pakistanischen US-Botschafter Hussain Haqqani, der zum Rücktritt gezwungen wurde. Haqqani hatte auf die Möglichkeit eines Militärputsches in Pakistan hingewiesen.