Ukraine-Konflikt: Widerspruch aus Beijing

Nicht immer einig: Wladimir Putin und Xi Jinping während einer Videokonferenz (Archivbild, Dez. 2021) Foto: Presidential Executive Office of Russia / CC-BY-4.0

Chinas Regierung ist nicht begeistert angesichts der Zuspitzung des Konflikts in der Ukraine - auch nicht vom russischen Anteil daran

Chinas Außenminister Wang Yi hat am gestrigen Montag mit Blick auf den Ukraine-Konflikt die Position seiner Regierung wiederholt, wonach "die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität aller Länder respektiert und sichergestellt" werden müsse.

Der einzige Weg, die Ukraine-Krise zu lösen, bestehe in einer Rückkehr zum Minsk-2-Abkommen. Die relevanten Parteien sollten sich an einen Tisch setzen und für den Frieden arbeiten, statt die Spannungen weiter zu verstärken und Panik zu schüren.

Die Ukraine sollte eine Brücke der Verständigung zwischen Ost und West sein. Damit hat Wang Yi kurz vor den jüngsten, den Konflikt entscheidend verschärfenden Beschlüssen des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die von ihm bereits vor wenigen Tagen auf dem alljährlichen Münchener Treffen der Militärs, Waffenhändler und Außenpolitiker, der sogenannten Sicherheitskonferenz, vorgetragene chinesische Haltung bestärkt.

Für manchen mag das überraschend kommen, denn China und Russland werden in der hiesigen Öffentlichkeit oft als Einheit wahrgenommen.

Zweierlei Maß zugunsten Erdogans

Besonders im grünen Milieu war es in letzter Zeit en vogue, sich in einem Atemzug über die vermeintlichen Autokraten Wladimir Putin und Xi Jinping aufzuregen, während man gegen die Kriege Recep Tayyip Erdogans gegen die kurdische Bevölkerung und seine Bombardements der Jesiden im Irak selten Einwände vorzubringen hat.

Erdogans faktischer Krieg gegen Armenien – ausgeführt vom mit der Türkei eng verbundenen und hierfür kräftig aufgerüsteten Aserbaidschan – wurde gar gänzlich ignoriert. Aller wohlfeiler Verurteilungen des Völkermords an den Armeniern im Zuge des Ersten Weltkriegs zum Trotz.

Aber zurück zum vermeintlichen russisch-chinesischen Block, der übrigens keinen militärischen Beistandspakt beinhaltet. Dafür sind die Interessen der beiden Länder nämlich zu unterschiedlich, auch wenn sie der Widerspruch zum Vorherrschaftsanspruch des Westens eint und sie sich derzeit beide verstärkten Anfeindungen ausgesetzt sehen.

Die Gründe für Chinas Beharren

Aber China hat selbst mit allerlei Grenzstreitigkeiten und separatistischen Bestrebungen zu tun und beharrt daher besonders vehement auf den oben formulierten Prinzipien. Diese sind übrigens geltendes Völkerrecht und werden hierzulande zuletzt ebenfalls gerne zitiert.

Als ab Anfang der 1990er-Jahre Jugoslawien auseinanderfiel und Deutschland kräftig nachhalf – unter anderem durch die vorzeitige und absprachewidrige Anerkennung Sloweniens – und später dann beim Angriff auf Rest-Jugoslawien, hörte sich das noch ganz anders an.

Derweil unterscheiden sich China und Russland nicht nur in ihren strategischen Interessen. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht sind die Unterschiede beachtlich, und unter demografischen Aspekten macht es russische Nationalisten durchaus nervös, dass dicht besiedelte chinesische Provinzen in Fernost an sehr spärlich bevölkertes russisches Territorium grenzen.

Letztlich ist Russland, das den Nachbarn vor allem mit Rohstoffen beliefert, hin- und hergerissen zwischen dem Interesse an chinesischen Investitionen und Unterstützung in der Auseinandersetzung mit dem Westen und der Angst, von der aufstrebenden künftigen Supermacht dominiert zu werden.