Vogelgrippe: Kein Grund zur Panik
Diverse Meldungen aus aller Welt, doch der Virus ist noch immer nicht von Mensch zu Mensch übertragbar
Die sogenannte Vogelgrippe geht mal wieder um. Neue Ausbrüche werden aus Taiwan, der Türkei, Großbritannien, dem Irak, Kambodscha, dem Iran und Japan gemeldet. In den meisten betroffenen Ländern kam es in den vergangenen tagen zu Notschlachtungen in Geflügelfarmen, in denen Infektionen aufgetreten waren. In Taiwan wurden zum Beispiel 39.000 Zuchtenten vorsorglich getötet.
In einigen Ländern wie Südkorea und Südafrika war der Virus bereits im Herbst letzten Jahres in Geflügelbeständen aufgetreten. Während das Virus im Süden Afrikas weiter bei Wildtieren nachgewiesen werden kann, hat es in den letzten Wochen in den südafrikanischen Geflügelfarmen im Gegensatz zu Südkorea keine weiteren Fälle gegeben.
Die Vogelgrippe, die erstmals 1997 in Hongkong auftrat, ist für den Menschen bisher nur bedingt gefährlich. Einerseits kann sie für einen einzelnen Infizierten – ganz im Gegensatz zum Beispiel zur aktuell diskutierten Afrikanische Schweine Pest – sehr lebensbedrohlich werden. Betroffene erkranken in der Regel schwer und die relative Zahl der Todesfälle ist hoch.
Andererseits ist die Ansteckung bisher – und dieses Wörtchen ist wichtig – sehr schwierig. Entsprechend ist die Zahl der Infizierten sehr klein. Erkrankt sind seit dem ersten Auftreten vor nunmehr fast 25 Jahren nur Menschen, die engen Kontakt zu infiziertem Geflügel, meist Hühnern, hatten.
Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist bisher nicht beobachtet worden, und öffentlich verbreitete Befürchtungen, durch die Winterolympiade in Südkorea könnte demnächst eine globale Epidemie ausgelöst werden, gehören eindeutig in die Kiste "unverantwortliche Panikmache".
Allerdings muss es nicht so bleiben. Große Epidemien wie die sogenannte Spanische Grippe, die zwischen 1918 und 1920 25 bis 50 Millionen Todesopfer forderte, wurden von Viren ausgelöst, die zuvor nur bei Tieren aufgetreten waren. Gefährlich wurden sie, als eine Mutation die Übertragung von Mensch zu Mensch möglich machte. Ein sehr glimpflich verlaufener Fall war die Schweinegrippe 2009/2010.
Vor diesem Hintergrund ist die große Aufmerksamkeit, die die Weltgesundheitsorganisation WHO und die nationalen Gesundheitsbehörden der Vogelgrippe schenken, zu verstehen. Sollte der Virus mutieren und von Mensch zu Mensch übertragbar werden, dann sind sofort Gegenmaßnahmen wie Quarantänen, Reisebeschränkungen und die Entwicklung von Impfstoffen notwendig, um eine Ausbreitung zu verhindern und die Zahl der Opfer zu minimieren.
Im Gegensatz zu den Zeiten vor fast hundert Jahren verfügt die Menschheit inzwischen über eine ganz gut funktionierende internationale Kooperation auf dem Gebiet der Seuchenbekämpfung und über eine leistungsfähige Pharmaindustrie - die allerdings dringend der Kontrolle bedarf, damit gegebenenfals nicht deren Partikularinteressen dem höheren Ziel im Wege stehen.
Eine Ereignis wie die Spanische Grippe muss sich also nicht wiederholen. Voraussetzung dafür sind allerdings Forschung, aufmersame Beobachtungen in aller Welt, Kommunikation, Zusammenarbeit und ein aufklärerischer Geist. Manches davon entwickelt sich derzeit leider in der Öffentlichkeit vieler Länder eher zum raren Gut.