Warum sterben so viele US-Veteranen durch Auto-Unfälle?

Nach dem Beginn der Kriege in Afghanistan und im Irak stiegen die Zahl der Verkehrstoten in den USA unter den Soldaten steil an

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Soldaten, die aus einem Kriegseinsatz heimkehren oder aus der Armee entlassen werden, haben vielleicht getötet. Sie sind aber auch selbst vom Tod bedroht. Nicht auf dem Schlachtfeld, sondern vor allem durch die Neigung zum Selbstmord. Nach dem Ausscheiden aus dem Militärdienst erhöht sich die Selbstmordrate dramatisch. Täglich töten sich durchschnittlich 18 Veteranen. Das hat mit direkten Kriegseinsätzen und dadurch entstandenen Posttraumatischen Belastungsstörungen nicht viel zu tun. Nur ein Prozent der Amerikaner waren im Irak- oder Afghanistankrieg eingesetzt war, aber 20 Prozent der Selbstmorde in den USA werden von Veteranen der Kriege begangen.

Bekannt ist auch, dass Veteranen gefährdet sind, wenn sie ins zivile Leben zurückkehren, an psychischen Krankheiten zu leiden, in Obdachlosigkeit zu rutschen, Probleme mit Alkohol- und Drogenkonsum zu haben oder zu Gewalt neigen. In Großbritannien stellen sie auch einen größeren Anteil an der Gefängnispopulation, weil sie mehr Straftaten begehen.

Und es gibt noch eine Folge des Einsatzes in Kriegsgebieten: Soldaten, die in Afghanistan oder im Irak waren, sterben häufiger durch Verkehrsunfälle. Die Wahrscheinlichkeit, durch einen Autounfall zu sterben ist, so Han Kang vom Department of Veterans Affairs, um 75 Prozent höher als bei Zivilisten - bei Männern sind es 76 Prozent, bei Frauen 43 Prozent. Einen ähnlichen Anstieg konnte man nach dem ersten Krieg gegen den Irak beobachten. Fünf Jahre später sank die Rate wieder.

Das erhöhte Risiko betrifft nicht nur Veteranen. Zwischen 1999 und 2012 sind mit 4.423 mehr Soldaten, die sich noch im Dienst befanden, auf Amerikas Straßen durch Unfälle gestorben, als im Irak-Krieg getötet wurden (4.409). In Friedenszeiten sind Verkehrsunfälle das größte Tötungsrisiko für US-Soldaten. Diese sind häufig "jung, Singles, männlich und Highschool-Abgänger", heißt es in einer Pentagon- Studie, woraus man die erhöhte Neigung zum Risiko ableitet, das aber auch bei den Menschen unterstellt werden könne, die sich zum Militärdienst melden. Nach Beginn des Kriegs stiegen die Verkehrstoten steil an, einen erneuten, noch viel stärkeren Schub gab es durch den Irak-Krieg.

Eine nahe liegende Erklärung ist, so die Washington Post, dass Soldaten im Kriegseinsatz einen besonderen Fahrstil einüben, nämlich schnell, aggressiv und ohne Rücksicht, vielleicht auch ohne Sicherheitsgurt zu fahren, um nicht das Opfer von Angriffen zu werden oder schnell aussteigen zu können. Was in Kriegsgebieten zwar auch zu Unfällen und zu "Kollateralschäden" unter Zivilisten führt, die im Weg stehen, wird auf amerikanischen Straßen mit normalen Fahrzeugen aber gefährlich für die ehemaligen Soldaten und jene, die deren Opfer werden. Dass bei ehemaligen Soldatinnen das Risiko geringer ist als bei Soldaten dürfte daher rühren, dass sie weniger oft am Steuer von Militärfahrzeugen sitzen. Dazu kommt Alkohol, der aggressiver macht, aber wahrscheinlich auch die Suche nach Thrill, nach Erregung", die man im Friedenszustand vermisst. Offenbar steigen die Veteranen gerne auf Motorräder um, zumindest stiegen die tödlichen Unfälle mit diesen nach den Kriegen steil an.