Wird Frankreich bis zu 17 Atommeiler abschalten?

(Bild: Kernkraftwerk Fessenheim, (Aufnahme von Südosten, 2010). Bild: Florival fr / CC BY-SA 3.0 )

Dies hat der neue Umweltminister in einem Land in die Debatte geworfen, in dem die Abschaltung des Uralt-AKWs Fessenheim mit dem Neubau in Flamanville verknüpft ist

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Es ist nicht klar, was der neue Umweltminister mit dem Vorstoß bezwecken will. Aber klar ist, dass er es keinesfalls ernst meint, bis zum Jahr 2025 bis zu 17 der 58 Atommeiler des Landes abzuschalten. Das nämlich hatte Nicolas Hulot in einem Radiointerview gestern in den Raum geworfen.

Er begründete dies mit dem wachsweichen französischen Energiewende-Gesetz, wonach der Anteil des Atomstroms an der Produktion bis 2025 auf 50% gesenkt werden soll. Bisher kommen noch etwa 75% des Stroms aus den zum Teil sehr gefährlichen Reaktoren im Land, die immer wieder mit Skandalen und Unfällen von sich reden machen, weshalb aus Deutschland zum Beispiel das grenznahe Cattenom per Klage abgeschaltet werden soll.

"Lassen Sie mich die Dinge planen, es werden vielleicht bis zu 17 Reaktoren sein, man muss sich das anschauen", hatte Hulot erklärt. "Jeder kann verstehen, dass wir eine gewisse Anzahl Reaktoren schließen werden, um dieses Ziel einzuhalten", fügte er an. Ob das tatsächlich so ist, ist fraglich. Eine Umfrage der Zeitung Figaro ergibt derzeit, dass 65% der Leser sich gegen den Vorstoß aussprechen. Nach Hulots sehr vagen Plänen, soll die Stromproduktion diversifiziert werden und parallel der Stromverbrauch sinken.

Sonderlich viel muss man bisher von dem Vorstoß nicht halten. Es scheint sich eher um einen Testballon im Sommerloch zu handeln. Denn schon das Gesetz macht viel möglich, da es die Leistung der Atomreaktoren nur auf maximal 63,2 Gigawatt deckelt. Damit ist eigentlich nur klar, dass keine neuen Atomkraftwerke ans Netz gehen, ohne das alte abgeschaltet werden. Und, derzeit sieht ja alles so aus, dass man eher gegen alle Sicherheitsbedenken den neuen Meiler in Flamanville 2018 ans Netz gehen lassen will, um dann die beiden uralten Meiler in Fessenheim endlich abschalten zu können.

Würde es Hulot ernst meinen, müsste er konkrete Pläne vorlegen. Absehbar ist nämlich auch, dass der Stromverbrauch steigen wird, wenn verstärkt auf E-Mobilität gesetzt wird. Um den Stromverbrauch zu senken, müsste unter anderem massiv in Wärmedämmung investiert und Stromheizungen ersetzt werden. Diese beide Faktoren führen schon jetzt immer wieder dazu, dass das französische Netz bei einer Kältewelle an die Schwelle des Blackouts kommt wie zuletzt im Januar.

Dazu müsste massiv in erneuerbare Energien investiert werden. Wenn es richtig kalt wird, hängt Frankreich längst am europäischen Strom-Tropf, auch wenn es zu keinen besonders großen Ausfällen im heimischenAtompark kommt. Im Winter wurden jedenfalls auch zweifelhafte Reaktoren wieder ans Netz gebracht, in denen auch Teile verbaut wurden, deren Sicherheitszertifikate gefälscht wurden.

Bekannt ist auch, dass man sich im Atomstromland mit seiner staatlichen Atomlobby in dem Bereich nun wirklich nicht an Wahlprogrammen und Wahlversprechen orientieren kann. Eigentlich, so hatte es einst der Sozialist François Hollande versprochen, sollte auch Fessenheim längst abgeschaltet sein. Das ist immer noch nicht der Fall, aber dafür bekam der Betreiber EDF schon viel Geld als Entschädigung zugesprochen.

Der neue Präsident Emmanuel Macron hat in der Regierung Hollandes nichts dafür getan, um das Ziel umzusetzen. Er versprach es einfach erneut in seinem Wahlprogramm.

Die Atomkraftgegner des "Netzwerks für den Atomausstieg" fordern nun, dass Hulot seine Vorstellungen schnell "konkretisiert und darüber hinausgeht". Gefordert wird ein "Zeitplan" für Abschaltungen. "Es ist möglich, sofort anzufangen und die definitive Abschaltung von Reaktoren anzuordnen, die aus Sicherheitsgründen abgeschaltet wurden."

Das erklärt das Netzwerk auch mit Blick auf einen Block im Fessenheim, der auf Anordnung der Atomaufsicht vor einem Jahr wegen Sicherheitsmängeln vom Netz genommen werden musste. Es mache auch keinen Sinn, Reaktoren abzuschalten, um sie durch genauso gefährliche wie in Flamanville zu ersetzen, fordern das Netzwerk, den neuen Reaktor dort nicht in Betrieb zu nehmen.