Indien richtet aus Kritik am IPCC eigenen Klimarat ein
Selbst wenn der IPCC-Vorsitzende Pachauri zurücktreten sollte, könnte die Glaubwürdigkeitskrise des IPCC schon zu groß geworden sein, um schnell gelöst werden zu können
Indien tut sich schwer damit, eine verbindliche Klimapolitik zu verfolgen. Erschwerend kommt hinzu, dass es einen internen Konflikt mit Rajendra Pachauri, dem indischen Vorsitzenden des Weltklimarats IPCC, zu geben scheint. Der nimmt nur widerwillig Kritik an den wissenschaftlichen Grundlagen und Erstellung der Klimaberichte an und denkt auch nicht daran, Konsequenzen aus der letzten Glaubwürdigkeitskrise und den Vorwürfen zu ziehen, sein Vorsitz stehe im Interessenkonflikt mit seiner Arbeit als Direktor des Energy and Resources Institute (Teri).
Die Glaubwürdigkeitskrise hatte begonnen mit der Veröffentlichung von Emails einiger Klimaforscher von einem Server der University of East Anglia. Sie zeigten, dass die am Klimabericht mitwirkenden Wissenschaftler auch ihre Interessen durchsetzen. Dazu kam, dass versucht wurde, Gesuche nach dem Informationsfreiheitsgesetz hinauszuzögern, oder sie gar nicht beantwortet wurden, wohl um den Klimaskeptikern möglichst wenig entgegen zu kommen.
Und dann kam auch noch die Peinlichkeit auf, dass im letzten Klimabericht die Behauptung aufgestellt wurde, die Himalaya-Gletscher würden bis 2035 abgetaut sein (Schlamperei im letzten IPCC-Bericht). Grundlage war keine durch Peer-review überprüfte Klimastudie, sondern eine Interviewäußerung des indischen Wissenschaftlers Syed Hasnain, der zuletzt für Pachauris Firma arbeitete, die wieder Ende des letzten Jahres einen mit US- und EU-Geldern finanzierten Forschungsauftrag über die Himalaya-Gletscher erhielt. Kritisiert wurde die Behauptung schon länger, zuletzt durch eine Studie von indischen Wissenschaftlern, der Pachauri aber zunächst jede Wissenschaftlichkeit absprach, bis auch er die mangelhafte Prüfung der Quellen anerkennen musste. Kritiker sagen, Pachauri habe erst den Forschungsauftrag sicherstellen wollen, bevor er auf die Kritik einging.
Mittlerweile gerät Pachauri, der offenbar unbedingt auch den 5. Klimabericht herausgeben will, immer stärker unter Druck, seinen Hut zu nehmen. Es sind nicht mehr nur die Klimaerwärmungsleugner, sondern auch Klimaforscher und Organisationen wie Greenpeace, die fürchten, dass Pachauri durch sein Bleiben dem Anliegen noch weiter schaden würde.
Das hat Pachauri längst geschafft, vor allem auch in Indien. So erklärte der indische Umweltminister Jairam Ramesh am Donnerstag, dass man einen eigenen Klimarat installieren werden, um nicht nur vom IPCC abhängig zu sein. Wenn dies Schule machen würde, verliert nicht nur der IPCC an Glaubwürdigkeit, sondern trifft dies die Handlungsfähigkeit der Vereinten Nationen, die in Kopenhagen unabhängig von der Glaubwürdigkeitskrise des IPCC schon durch das Nichtabkommen lädiert und gerade erst durch die vagen Klimaziele noch einmal diskreditiert wurde.
"Es gibt eine klare Grenze zwischen der Klimawissenschaft und der Klimamissionierung. Ich bin für Klimawissenschaft, aber nicht für die Klimamissionierung. Ich glaube, einige Menschen haben den IPCC-Bericht missbraucht", sagte Ramesh. Auch wenn man einen eigenen Klimarat aus 125 Forschungsinstitutionen einrichten wolle und falsche Aussagen über die Gletscher oder den Amazonas gemacht wurden, sei der IPCC mit einem Netzwerk an 200 Wissenschaftlern eine "verantwortliche Institution", mit der man nicht konkurrieren wolle. Der erste Bericht des indischen Klimarats werde im Herbst veröffentlicht. Dadurch würde man zeigten, dass man die Klimaforschung ernst nehme.
Ramesh will auch gar nicht leugnen, dass die Gletscher schmelzen und der Schnee weniger wird. Man müsse die Zukunft der Gletscher sehr genau beobachten, weil dies auch mit der "Wassersicherheit" eng zusammenhänge. Daher werde man auch ein Nationales Institut für die Gletscherforschung am Himalaya eröffnen, das die Entwicklung der Gletscher in Indien, aber auch in den Nachbarländern Pakistan oder Nepal beobachten und vorhersagen soll.