Neue Front gegen die Industriestaaten

Südamerika und Afrika treiben die wirtschaftliche Zusammenarbeit voran.

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Die Integration Südamerikas wird zunehmend auf andere Entwicklungs- und Schwellenstaaten ausgeweitet. Nach einem Gipfeltreffen südamerikanischer und afrikanischer Regierungen am letzten Septemberwochenende in Venezuela zeichnet sich eine zunehmende Wirtschaftskooperation zwischen Ländern beider Kontinente ab. Auf dem zweiten Gipfeltreffen dieser Art hatten 66 Staaten beider Regionen teilgenommen. Erstmals waren dabei konkrete Verträge zur Zusammenarbeit abschlossen worden. Mitte Oktober nun will Brasiliens Präsident Luiz Inácio „Lula“ da Silva seinen venezolanischen Amtskollegen Hugo Chávez treffen, um weitere Pläne zu besprechen.

Bei dem Südamerika-Afrika-Gipfel auf der Ferieninsel Margarita vor der venezolanischen Karibikküste hatten die Teilnehmer politische und wirtschaftliche Interessen diskutiert. Ebenso wie afrikanische Staatsführungen setzten sich Länder Südamerikas beispielsweise für eine Reform des UNO-Systems ein. Die Welt von heute sei nicht mehr unipolar, sagte Chávez in seiner Eröffnungsrede. Die Organisation der Vereinten Nationen müsse diesem Umstand Rechnung tragen. Neben der politischen Agenda einen die Entwicklungs- und Schwellenstaaten beider Regionen handfeste wirtschaftliche Interessen: Es geht ihnen explizit darum, die natürlichen Ressourcen Südamerikas und Afrikas vor dem unkontrollierten Zugriff der Industriestaaten zu schützen. Dass die Debatte stark von antikolonialen Gefühlen geprägt ist, zeigt eine Parallelentwicklung: Immer mehr Regierungen beider Kontinente knüpfen Wirtschaftskontakte mit der aufstrebenden Großmacht China.

Auch wenn Venezuelas Staatschef Chávez die Bewegung politisch dominiert, ist Brasiliens Wirtschaft die treibende Kraft. China ist binnen weniger Jahre zum drittwichtigsten Handelspartner Brasiliens aufgestiegen, während Staatschef Da Silva elf Mal nach Afrika reiste. Die Exporte Brasiliens in die Subsahara-Region haben sich binnen weniger Jahre verzehnfacht und erreichen derzeit einen Handelswert von rund zehn Milliarden US-Dollar – mit massiv steigender Tendenz.

Nach dem Gipfeltreffen auf der Isla Margarita gab Venezuelas Bergbauminister Rodolfo Sanz nun bekannt, dass sieben afrikanische Staaten zur Gründung einer biregionalen Bergbaugesellschaft bereit seien. Mauretanien, Mali, Niger, Sierra Leone, Südafrika, Angola und Tansania hätten sich zur Unterzeichnung eines entsprechenden Vertrages bereit erklärt, wird Sanz von der Nachrichtenagentur Reuters zitiert. Ein venezolanisches Expertenteam wird demnach in den kommenden Wochen nach Mauretanien und Tansania reisen, um diesen Staaten bei der Erfassung ihrer natürlichen Ressourcen zu helfen. Mit dieser Kooperation wolle man vermeiden, „dass die Industriestaaten weiterhin die Bodenschätze in unseren Ländern ausbeuten“, so Sanz.