Zweidrittelmehrheit bei katalanischen Abgeordneten für das Selbstbestimmungsrecht

Das Parlament hat mit 85 zu 41 Stimmen den Weg für ein Referendum über die Unabhängigkeit von Spanien freigemacht

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die große katalanische Partei Konvergenz und Union (CiU) hatte sich Anfang Januar mit der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC) auf das Vorgehen geeinigt, um die Souveränität Kataloniens gegenüber Spanien zu erreichen. Über den gemeinsamen Text, der auf Drängen der linksgrünen Initiative für Katalonien (ICV) abgeändert wurde, wurde am späten Mittwoch im Parlament in Barcelona abgestimmt.

Das Dokument fand eine große Mehrheit von mehr als zwei Dritteln der Stimmen. 85 Parlamentarier stimmten für den Text, der nur von 41 Parlamentariern abgelehnt wurde. Es gab zwei Enthaltungen der antikapitalistischen Separatistenpartei CUP, die seit den vorgezogenen Neuwahlen im November erstmals drei Sitze im Parlament einnimmt. Ein CUP-Vertreter stimmte mit Ja für das Selbstbestimmungsrecht der Katalanen. Mit den Enthaltungen kritisierte die Partei, dass der Text abgeschwächt wurde.

Der klare Bezug im Ursprungstext, "Katalonien als neuen Staat innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zu konstituieren", fiel beim Versuch weg, weitere Unterstützer ins Boot zu holen. Der CUP fehlte vor allem eine Referenz auf die "Països Catalans", denn für viele Katalanen umfasst Katalonien nicht nur das heutige Autonomiegebiet. Als "Katalanische Länder" werden auch Gebiete gesehen, in denen wie in Mallorca und Valencia Katalanisch gesprochen wird. Als Zugeständnis an sie wird in der Einleitung auf die Geschichte verwiesen, dass Katalonien mit anderen Gebieten "kulturelle, sprachliche und historische Verbindungen teilt".

Mit den Änderungen wurde aber ein Spaltungskeil in die katalanische Sektion der spanischen Sozialisten getrieben. PSC-Parlamentarier hatten gefordert, nicht nach Fraktionszwang, sondern nach dem Gewissen entscheiden zu dürfen. In langen Diskussionen hatte PSC-Chef Pere Navarro versucht, der Fraktion das Nein aufzuzwingen. Die Überraschung für ihn kam bei der Abstimmung. Fünf Parlamentarier - ein Viertel seiner geschwächten Fraktion – haben sich seinem Diktat verweigert und sich aus Protest nicht an der Abstimmung beteiligt. Auch sie treten für die "Souveränität" und das "Selbstbestimmungsrecht" ein, mit dem Katalonien nun zum "souveränen Subjekt" erklärt wurde.

CiU, ERC und ICV haben ihr Wahlversprechen umgesetzt. Navarro, unter dessen Führung die PSC hinter der ERC nur noch drittstärkste Partei ist, hat ein wachsendes Problem, weil sich der starke katalanistische Flügel von ihm immer weniger vertreten fühlt. Das haben die fünf Verweigerer deutlich gemacht. Auch sie glauben nicht an seinen Vorschlag, mit der in Spanien regierenden rechten Volkspartei (PP) eine Übereinkunft auszuhandeln. Das wird in Katalonien für aussichtslos gehalten. Die Ultrakonservativen haben stets deutlich gemacht, mit allen Mitteln verhindern zu wollen, dass die Bevölkerung in Katalonien parallel zu Schottland 2014 entscheiden kann. Spanien hatte sich sogar Verhandlungen über ein eigenes Finanzierungssystem für Katalonien nach baskischem Vorbild verweigert. Das hatte Regierungschef Artur Mas (CiU) im vergangenen Herbst erst dazu gebracht, die Wahlen vorzuziehen, um sich ein klares Votum für den neuen Kurs zu holen.